Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Der Islam ist in der Diskussion. Nicht erst seit heute. Aber heute besonders. Gerade durch das Massaker in einer Pariser Zeitung und den neuerlichen hundertfachen Mord in Nigeria. Ich bin immer noch voll Trauer und denke an die vielen Toten.

Aber ich möchte trotzdem auch weiterhin differenziert denken. Möchte unterscheiden zwischen Terroristen und Mördern und Menschen, die ihren Glauben Tag für Tag friedlich leben. Mir wird im Moment zu viel über einen Kamm geschoren. Ich erinnere daran, dass es ziemlich umstritten ist, was Terror und Gewalt mit dem Islam zu tun haben. Die einen halten den Islam für eine gewalttätige Religion, andere distanzieren sich. Terroranschläge, so sagen sie, hätten mit dem wahren Islam nichts zu tun.

Ich muss ehrlich sagen: Diese ganze Diskussion halte ich für problematisch. In unserer Demokratie gilt doch ein Prinzip: Menschen dürfen keine Gewalt ausübt. Für Terror ist kein Platz. Wer das trotzdem tut, der wird dafür bestraft. Und zwar unabhängig von seinen Überzeugungen. Und es gilt ein zweites Prinzip: Jeder ist frei, das zu glauben, was er oder sie will. Ich halte beide Prinzipien für elementar. Sie machen unsere Gesellschaft aus. Gewaltfreiheit und Freiheit des Glaubens bilden zwei Grundpfeiler der Demokratie. Das heißt auch: Wenn Menschen aufgrund ihrer Religion unter Generalverdacht stehen, dann leben wir unfrei, dann haben wir kein freies Land mehr.

Deshalb bin ich der Meinung, dass es wenig bringt, ganz pauschal über den Islam zu reden. Wir müssen vielmehr darüber reden, wie Menschen mit ganz unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen und Lebenshaltungen zusammenleben können.

Ich bin kein Politiker, sondern katholischer Theologe. Deswegen sehe ich besonders auf die Geschichte meiner Religion. Und ich stelle fest: Christen haben im sogenannten christlichen Abendland Juden verfolgt und Muslime brutalst vertrieben. Deswegen gibt es überhaupt keinen Grund, überheblich zu sein. Sondern vielmehr gute Gründe, das Gespräch zu suchen, die Religion des Anderen zu verstehen, friedlich miteinander zu leben. Und dann gemeinsam gegen alle die aufzustehen, die der Gewalt den Vorzug geben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19083
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