Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Vor wenigen Tagen haben meine Frau und ich unsere Tochter zu ihrer Austauschschülerin in den Elsass gebracht. Wir sind hingefahren, haben uns, manchmal auch mit Händen und Füßen, auf Deutsch und Französisch unterhalten. Wir haben mit den Gasteltern und der ganzen Familie Kuchen gegessen. Und dann sind wir wieder heimgefahren. Wir sind sicher: Unsere Tochter ist für vier Wochen in guten Händen.

Ein Schüleraustausch, das ist heutzutage selbstverständlich. Und mit einer französischen Familie erst recht. Schließlich grenzt Rheinland-Pfalz ja an Frankreich. Aber diese Selbstverständlichkeit ist recht jung. Denn auf den Tag genau heute vor 51 Jahren unterzeichneten Konrad Adenauer und Charles de Gaulle den Élysée-Vertrag. Den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag. Ein epochemachender Vertrag. Der hat dafür gesorgt, dass wir mal schnell über die Grenze fahren und unsere Tochter einen Schüleraustausch machen kann.

Heute ist das kaum zu glauben, aber das einzige, was Deutschland und Frankreich lange Zeit verband, war eine Erbfeindschaft. Dreimal bekriegten sich Deutsche und Franzosen in den letzten einhundertfünfzig Jahren auf das Brutalste. Und jetzt stehen nur noch verlassene Grenzanlagen dort, wo die Länder aneinanderstoßen.

Das ist unglaublich. Vor allem, wenn ich daran denke, dass heute in vielen Ländern noch Krieg tobt. Der deutsch-französische Freundschaftsvertrag zeigt da zweierlei. Erstens: Frieden ist möglich. Das klingt ein bisschen naiv. Aber nach den vielen Jahren blutigen Mordens zwischen Deutschen und Franzosen ist das der Fall. Zweitens: Freundschaft ist möglich. Es ist möglich, dass ich nicht nur Frieden schließen, sondern im Anderen einen Freund entdecke – und eben keinen Feind.

Klar, das ist nicht der Himmel auf Erden. Aber mir zeigt dass: der christliche Traum vom Frieden kann auch hier unter uns schon im Kleinen Wirklichkeit werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19082
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