SWR2 Wort zum Tag

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Wolfgang Büschers wundervolles Jerusalem Buch

Jerusalem - heilige Stadt für drei Weltreligionen: Für uns Christen ist Jerusalem der Ort, an dem Jesus gekreuzigt wurde. Die Juden verehren den Tempelberg als heiligsten Ort auf Erden. Hier sollen die biblischen Tempel gestanden haben. Auch für die Muslime ist Jerusalem ein heiliger Ort. Der Felsendom ist über der Stelle errichtet, wo der Überlieferung nach, der Prophet Mohammed auf geflügeltem Pferd in den Himmel aufgestiegen ist.

Wenn aber heute in den Tagesnachrichten von Jerusalem die Rede ist, dann steht diese Stadt für den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern.

Der mehrfach ausgezeichnete Reiseschriftsteller Wolfgang Büscher hat gerade ein wundervolles Buch veröffentlicht: „Ein Frühling in Jerusalem“ lautet sein Titel. Es ist kein Reiseführer und kein Sachbuch. Es hilft aber ein bisschen, diesen besonderen Ort Jerusalem besser zu verstehen.

Zwei Monate hat Wolfgang Büscher in der Altstadt Jerusalems gelebt. Er hat behutsam und einfühlsam beobachtet und vor allem gesprochen: mit Bewohnern des muslimischen, des christlichen, des armenischen und des jüdischen Viertels, mit Menschen auf der Via Dolorosa und an der Klagemauer. In der Grabeskirche hat er sich für eine Nacht einschließen lassen, um diesen heiligen Ort ohne fotografierende Pilgermassen zu erleben.

Büscher geht es darum, dem Geheimnis dieser Stadt auf die Spur zu kommen - im Gespräch mit einem arabischen Hotelier, einem Rabbi, der Holocaust-Überlebenden, dem muslimischen Ladenbesitzer und dem jungen Thora-Studenten. „Ich war einfach nur da“ hat Büscher selbst die Entstehung des Buches in seinem unverwechselbar lakonischen Stil beschrieben. Er enthält sich jeden politischen Urteils.

Das Buch ist von tiefer Melancholie geprägt, viel ist von Verlusten die Rede. Ein armenischer Christ, dessen Familie über Generationen in Jerusalem gelebt hat, erklärt unmissverständlich: In dieser Stadt gibt es keine Freude. Die Älteren beklagen, dass die Jungen fortgezogen sind.

Das kürzeste Gespräch, das Büscher führt, ist vermutlich das ausschlussreichste. Warum sind Sie hier, fragt er eine jüdische Siedlerin. Sie ist eine von denen, die versuchen, sich Jerusalem durch den Kauf von Häusern und Grundstücken anzueignen: Die Siedlerin antwortet schlicht: „Weil es Jerusalem ist“.

Diese Antwort erklärt nichts. So wie auch der Satz „weil ich Dich liebe“ nichts erklärt. Auch das Buch von Wolfgang Büscher kann diese  „verrückteste Stadt der Welt“ nicht erklären. Und doch lässt es die Faszination spüren, die Faszination, die von Jerusalem ausgeht, der heiligen Stadt der drei Weltreligionen, Erinnerungsort und Sehnsuchtsort:

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19061
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