SWR3 Gedanken

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Es muss eine unglaublich schwere Entscheidung gewesen sein, die Jochebed da treffen musste. Sein eigenes Kind aussetzen, nach der Geburt – gibt es etwas Schwierigeres?
Es muss so im 13. Jahrhundert vor Christus gewesen sein, die Israeliten waren Sklaven in Ägypten. Der Pharao verlangte von ihnen, unter unmenschlichen Bedingungen Pyramiden und Paläste für ihn zu bauen – und doch hatte er Angst vor ihnen, vor diesem fremden Volk im eigenen Land. Und so befahl der Pharao, alle Neugeborenen der Israeliten zu töten. Aber Jochebed widersetzte sich dem Befehl und setzte ihr Kind in einem Weidenkörbchen auf dem Fluss aus. Um ihm das Leben zu retten. Heute sind es andere Gründe, ein Kind auszusetzen. Da gibt es den Ehepartner, der keine (weiteren) Kinder möchte, den Freund und Vater des Kindes, der sich aus ‘m Staub macht, es gibt die Familie, die die Schande eines „Bastards“ nicht erträgt, oder die Mutter selber, die von einer Karriere träumt oder Angst hat vor der finanziellen Not der Alleinerziehenden.
Und immer ist es Angst, die zu einem solchen Schritt treibt. Die Angst um sich, um das Kind. Ich finde, man sollte sich hüten, vorschnell über diese Mütter zu urteilen. Es ist immer dieselbe schwere Entscheidung!
In der biblischen Erzählung gibt es neben Jochebed noch eine andere Frau: Myriam. Myriam begleitet die Mutter, sie wacht über das Baby in seinem Körbchen, sie vermittelt zwischen der leiblichen und der Adoptivmutter. Sie ist die eigentliche, die stille Heldin dieser Geschichte.
Und so wird das Baby erwachsen. Wird mit Hilfe seiner leiblichen und der Adoptivmutter ein großer Mann. Er wird der Mann, der sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten in die Freiheit führt.
Ende gut, alles gut?

2. Mose 2
nach: Margot Kässmann, Mütter der Bibel, 2010.

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