SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

 Vorsichtige Fortschritte 

Homosexualität und Kirche – zwei Wörter, die sich scheinbar nicht vertragen. Vor allem, wenn es um die katholische Kirche geht. Denn Homosexuelle Menschen fühlen sich von der Kirche meist ausgeschlossen. Manche sind deshalb verletzt, andere haben sich längst von der Kirche verabschiedet. Manchmal ist dieses Thema weit weg von mir. Hin und wieder werde ich aber darauf angesprochen. Zum Beispiel von einer Verwandten von mir, die lesbisch ist. Sie überlegt seit Jahren, ob sie aus der Kirche austreten soll. Dann macht mich das Thema sehr betroffen. Mir fehlen dann oft die Worte.

Was Papst Franziskus vor einem Jahr zur Homosexualität gesagt hat, klingt  neu in katholischen Ohren: „Wenn eine Person homosexuell ist und Gott sucht und guten Willens ist, wer bin ich, über ihn zu richten?“ Für diese Worte sind viele Menschen dankbar. Denn der Papst sagt auch: Die katholische Kirche lehrt „eindeutig, dass wir diese Menschen nicht ausgrenzen dürfen.“ Sie sollen vielmehr „integriert werden.“

Seit einigen Jahren versucht auch das Erzbistum Freiburg hier einladender zu sein. Offiziell heißt es: „Wir fördern, dass homosexuellen Menschen in unserer Kirche mit Toleranz und Respekt begegnet wird - damit sie ihren Platz in unseren Gemeinden, Gruppen und Verbänden einnehmen können.“

Ich wünsche mir eine Kirche, in der dies gelingt. Denn Jesus selbst ist auf alle Menschen zugegangen: Reiche und Arme, Männer und Frauen – egal woher sie kamen. Manchen gefiel das nicht: „Wie kann Jesus nur mit solchen Menschen reden?“ Doch Jesus sah auf das, was alle Menschen verbindet: Alle Menschen sind Kinder Gottes. Schon damals ein revolutionärer Gedanke! Dazu passt, was der  Apostel Paulus geschrieben hat: „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid «einer» in Christus Jesus.“ Mit anderen Worten: Ganz egal, wo du herkommst oder was andere in dir sehen – durch Jesus sind wir alle vereint.

Kirche als ein Ort, an dem nicht mehr zwischen reich und arm, zwischen Herkunft und Geschlecht unterschieden wird. Endlich sitzen alle an einem Tisch. Sind verbunden, weil es nur einen Gott für alle Menschen gibt. Dieser Traum kann wahr werden, wenn viele mitträumen: in der Kirche und überall sonst.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19030
weiterlesen...