Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Unsere Kinder haben zu Weihnachten wieder viel zu viel geschenkt bekommen. Vor allem Spiele. Und sofort haben sie gefragt: „Papa, spielen wir das jetzt?“ Und ich habe gedacht: „Die Spiele haben wir jetzt. Aber woher nehme ich die Zeit zum Spielen?“
Und da ist mir der Vater aus Saltkrokan eingefallen. Das war mal eine Serie im Fernsehen. Da ging es um Menschen, die Urlaub auf einer Insel vor Schweden machen. Der Vater war etwas schusselig und vertrottelt, aber gutmütig und bemüht. Seinem Sohn schenkt er zum Geburtstag einen Spieletag. Als ich den Film vor vielen Jahren gesehen habe, habe ich das nicht verstanden. „Einen Spieletag?“, habe ich gedacht. „Es wäre doch besser, wenn er Spiele schenken würde.“
Aber dieses Jahr unter dem Weihnachtsbaum habe ich es verstanden: Er schenkt seinem Sohn Zeit! Einen ganzen Tag Zeit!
Das ist wahrscheinlich das kostbarste Geschenk, das man als Vater seinen Kindern machen kann. Zeit schenken. Denn unsere Zeit ist begrenzt. Nicht nur begrenzt durch berufliche Termine und Verpflichtungen. Vor allem durch den Tod. Spiele sind schnell gekauft, aber zu spielen, das kostet Zeit. Zeit, die wir gemeinsam leben dürfen. Und die ist nicht unendlich.
„Doch,“ widerspricht der Apostel Paulus in der Bibel. „Unsere Zeit ist unendlich. Bei Gott. Unser Leben endet nicht mit dem Tod. Bei Gott leben wir weiter.“
Das hat Paulus der Gemeinde in Korinth erklärt und das ist für ihn das Wichtigste am christlichen Glauben.
Wenn ich daran glaube, dass mit dem Tod nicht alles aus ist, dann empfinde ich schon jetzt eine gewisse Gelassenheit. Dann bin ich nicht so eingeengt in meiner Lebenszeit. Ich kann mich hinsetzen und die ganzen Spiele ausprobieren. Und dabei muss ich nicht ständig daran denken, was ich jetzt gerade verpasse. Ich verschenke meine Zeit. Wie die Kinder. Jetzt und im Augenblick. Ich habe ja unendlich viel davon. Also spielen wir.

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