Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Alles andere als eine Idylle 

„Alle Jahre wieder“ verbreiten die Weihnachtslieder eine ganz spezielle Stimmung: „Süßer die Glocken nie klingen“; „Leise rieselt der Schnee“; „Stille Nacht, heilige Nacht“. Diese Lieder sprechen unsre Sehnsucht an. Sie strahlen Harmonie und Frieden aus, etwas Sanftes und Idyllisches.

Das erste Weihnachtsfest war alles andere als idyllisch. Die Umstände, unter denen Jesus geboren wurde, und wie es dann mit diesem Baby weiter ging – das zeigt: Von Anfang hat sich der Gottessohn in der rauhen Wirklichkeit vorgefunden. Das lesen wir in allen Weihnachtserzählungen der Bibel.

Hochschwanger muss Maria durch das ganze Land reisen. Mit ihrem Mann Josef muss sie sich in seinem Heimatort in die Steuerliste eintragen lassen. Die Geburt kündigt sich an – und niemand nimmt Maria auf. Sie muss ihr Kind in einem Stall zur Welt bringen. Für Mutter und Kind eine reine Zumutung. Sie erleben, wie es ist, wenn Frauen unterwegs ihr Kind bekommen, unter unwürdigen Umständen. Der Gottessohn wird nicht in eine Sonderwelt geboren, sondern mitten hinein in die Not der Menschen. Er erlebt sie von Anfang an am eigenen Leib.

Und so geht es weiter. Josef muss mit Frau und Kind flüchten. Der König Herodes fahndet nach Jesus. Er will ihn umbringen lassen. Er fürchtet um seine Macht. Bevor da vielleicht ein „König der Juden“ heranwächst, muss der weg. Und so wird Jesus Flüchtling aus Israel und Asylant in Ägypten. Er erlebt, wie es auch heute Verfolgten, Flüchtlingen und Asylsuchenden geht.

Und solche Erfahrungen setzen sich fort im Leben Jesu. Bis dahin, dass die Machthaber seiner Zeit ihn schließlich am Kreuz zur Strecke bringen lassen. Weil er ihnen zu sehr quer gekommen ist.

Aber sie schaffen ihn damit nicht aus der Welt. Es wird nur noch deutlicher, was schon bei der Geburt Jesu aufscheint: Gott ist Mensch geworden, um alles am eigenen Leib mitzumachen, was zum Leben dazu gehört.

An Weihnachten feiern wir also nicht eine idyllisch verklärte Welt. Wir feiern, dass Gott der Immanuel ist, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns. Gott kennt alle menschliche Not aus eigener Erfahrung. Gerade darin ist er uns nahe – damit auch wir mit der manchmal rauhen Wirklichkeit gut umgehen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18992
weiterlesen...