SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Morgen ist Heilig Abend. Ich freue mich vor allem auf den Gottesdienst in der Christnacht. Wie jedes Jahr singen wir dann eines der schönsten Weihnachtslieder:
"Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben.“
Zuerst wird es dunkel sein in der Kirche, nur eine Kerze auf dem Altar wird brennen.
Dann hören wir Worte aus der Bibel, die das Kommen des Heilands der Welt versprechen. Nach jeder Lesung werden Lichter angezündet. Am Ende haben alle, die die Christmette mitfeiern, ihre Kerzen entzündet und auch die Lichter des Christbaumes leuchten.
Die Lichter machen deutlich, wie das ist, wenn Gott zur Welt kommt. Die Menschen spüren, wie es hell wird, wo sie bloß Dunkelheit und Sorgen gesehen haben.
Und wer morgen nicht zum Gottesdienst gehen kann – warum auch immer? Ich meine, man kann auch für sich allein das alte Lied wieder entdecken, es singen oder summen:
„Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben.“
Dietrich Bonhoeffer, der Theologe und Widerstandskämpfer und Märtyrer im Dritten Reich, hat am 4. Advent 1943 aus dem Gefängnis an seinen Freund geschrieben: "Außerdem habe ich zum ersten Mal in diesen Tagen das Lied: 'Ich steh an deiner Krippen hier...' für mich entdeckt. Ich hatte mir bisher nicht viel daraus gemacht. Man muss wohl lange allein sein und es meditierend lesen, um es aufnehmen zu können. Es ist in jedem Wort ganz außerordentlich gefüllt und schön." Bonhoeffer hat am eigenen Leib erfahren, was in diesem Weihnachtslied so beschrieben wird:
"Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne,
die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne."
Aus diesem Weihnachtslied hat er Hoffnung geschöpft und Kraft. Selbst in seiner Gefängniszelle hat er sich nicht einsam gefühlt. Er hat die Nähe Gottes gespürt. Die hat ihn getragen. „Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben.“
Ich liebe es auch, dieses Lied, besonders diese Strophe, die mich erinnert, dass Jesus die Sonne ist, die mir Licht, Leben, Freud und Wonne bringt.
Das lässt mich etwas ahnen vom Geheimnis des Weihnachtsfestes und der Geburt des Gottessohnes in unserer Welt. Wir sind Gott teuer und lieb. Das macht mir die Welt hell.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18889
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