SWR2 Wort zum Tag

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Das Neue Testament fängt an mit einem Stammbaum Jesu. 42 Generationen umfasst er, mit den erstaunlichsten Personen. Eine der wenigen Frauen darin ist Rahab, die Ururgrossmutter des Königs David. Sie gehört nicht zum Volk Israel, sondern ist Bewohnerin von Jericho. Und das genau zu der Zeit, als die Israeliten ihren langen Weg durch die Wüste beendet haben, und mit heftigen Kämpfen das Land Kanaan einnehmen. Da ist Jericho strategisch sehr wichtig. Rahab ist eine Prostituierte in Jericho. Zu ihr kommen 2 Kundschafter der Israeliten, um den Sturm auf Jericho vorzubereiten. Zwar stellt der König von Jericho ihnen nach, doch Rahab versteckt die zwei auf dem Dach ihres Hauses und verhilft ihnen dann listig zur Flucht. Zuvor lässt sie sich von den beiden versprechen, ihr Haus und ihre Familie zu schonen, wenn sie die Stadt einnehmen werden. Als Zeichen vereinbaren sie eine purpurrote Schnur, die Rahab ans Fenster bindet.

Tatsächlich nehmen die Israeliten Jericho ein, zerstören es, töten die Bewohner und verschonen Rahab und ihre Familie. So erzählt es das biblische Buch Josua. Wörtlich heißt es dort im 6 Kapitel: „Nur die Dirne Rahab und die Familie ihres Vaters und alles, was ihr gehörte, ließ Josua am Leben. So wohnt ihre Familie bis heute mitten in Israel, denn Rahab hatte die Boten versteckt“ (6,25).

Jahrhunderte später taucht Rahab im Matthäusevangelium auf, und zwar als eine der Ahnfrauen Jesu. Da findet sich also im Stammbaum Jesu eine Prostituierte, eine Fremde, eine Verräterin, die vielleicht keine andere Wahl hatte, eine die hineingehört auch in die endlose blutige Geschichte Israels und Palästinas. Sie hat damals die politische Lage klug eingeschätzt und sich und ihre Sippe vor dem Untergang bewahrt. Rahabs Familie und die Israeliten konnten sogar zusammenleben.

Mit dem Stammbaum Jesu beginnt das Neue Testament. Gleich danach erzählt der Evangelist Matthäus die Geburt Jesu. Dieser Stammbaum ist also seine Adventsgeschichte. Als Ahnfrau Jesu gehört Rahab nach biblischem Denken zu denen, die Jesus den Weg bereitet haben. Sie ist Mitglied der Familie Jesu. Das kann kein Zufall sein.

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