SWR4 Abendgedanken

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Zum Advent eine Geschichte von Aljoscha, Gottes kleinem Lieblingsengel

Mit einem riskanten, aber gekonnten Flugmanöver

verhinderte Aljoscha das Schlimmste. Eigentlich

wollte er sich ein bisschen ausruhen nach einem

anstrengenden Vertretungsdienst für einen Schutzengel,

der nach einem Burn Out eine für Engel ungewöhnliche

Auszeit zugestanden bekommen hatte.

Bei dem zu schützenden Mädchen kein Wunder,

merkte Aljoscha damals schnell. Jetzt war er – endlich

– abgelöst worden.

Doch dann kam dieses Auto. In ihm saßen ein

junger Mann, eine nicht mehr ganz so junge Dame,

die nach dessen Mutter aussah, und hinten ein kleiner

Junge im Kindersitz. Sie wollten wohl in das Einkaufszentrum

und suchten nach einem Parkplatz.

Und dabei geschah es. Sie wurden von einem unvorsichtig

aus einer Parklücke herausfahrenden Wagen

gerammt. In die Beifahrerseite. Heftig, aber ohne jemand

zu verletzen. Nur ein kräftiger Schreck steckte

in den Gliedern aller Beteiligten. Der kleine Junge,

Constantin, reagierte überhaupt nicht und tat so, als

ginge ihn das alles nichts an. Das war Aljoschas

Werk. Denn er hatte sich schnell vor ihn gesetzt und

von allem abgeschirmt, damit er nichts mitbekam.

Von allem abgeschirmt? Ja, das dachte der Engel,

aber er hatte wohl in der Hektik oder wohl eher wegen

seiner großen Müdigkeit vergessen, dem kleinen

Jungen die Ohren zu verschließen. Nachdem alles geregelt

war, was zu regeln war, fuhren die drei weiter.

Da er sowieso nichts zu tun hatte, folgte ihnen Aljoscha.

Bald erreichten die drei das Haus der nicht

mehr ganz so jungen Dame – es war die Großmutter

des kleinen Jungen. Constantin sollte für einige Tage

dort in den Ferien bleiben.

Einige Tage später hörte der kleine Engel, wie

Constantin völlig unvermittelt zu seiner Großmutter

sagte: „Du, Oma, als es neulich im Auto so rums gemacht

hat, da hat der Papa ein Wort gesagt, das darf

man nicht sagen …“ Wäre es für Menschen möglich,

hätte man Gottes kleinen Lieblingsengel laut auflachen

hören können. So sah man nur das liebevolle

Lächeln der Großmutter, die nicht ohne Stolz über

die Erziehung durch ihren Sohn und die Schwiegertochter

war. Und Aljoscha merkte mal wieder, dass

aus Fehlern etwas Gutes erwachsen konnte. Denn

eigentlich hätte er sich ärgern müssen, dass er das

Mithören beim Unfall nicht hatte verhindern können.

Aber so konnte Constantin auf entwaffnende

Weise beweisen, dass er etwas gelernt hatte. Auch

den Mut, seinen Vater zu erziehen. Ein bisschen

wenigstens.

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