SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Es ginge vieles besser, wenn man mehr ginge“, sagt ein Sprichwort. Mir gefällt das. Und ich mag auch Redewendungen , die um die Kraft wissen, die im Gehen liegt, wie: „einen ersten Schritt wagen“ oder „sich auf den Weg machen“.

Uns Menschen ist der aufrechte Gang eigen, das unterscheidet uns von den meisten Tieren. Im Laufe der Evolution hat sich der Mensch aufgerichtet und dadurch eine neue Perspektive bekommen. Er kann nicht nur das Naheliegende um sich herum wahrnehmen – er kann seinen Blick zum Horizont richten, das Ganze in den Blick nehmen und darin einen Sinn suchen.

Das althochdeutsche Wort „Sinan“, von dem sich unser „Sinn“ ableitet, bedeutete ursprünglich Weg und Reise. Wenn wir uns auf den Weg machen, dann bekommen wir neue Perspektiven. Unser Blick weitet sich. Das hat oft eine befreiende Wirkung. Im Gehen kommt etwas in Gang. Manchmal erschließen sich neue Zusammenhänge. Sich auf den Weg zu machen, kann zum Sinn führen. 

Für den Glauben an Gott spielt das Unterwegssein eine große Rolle. So sagt Gott zu Abraham, dem Stammvater des Gottesvolkes: „Brich auf, zieh weg, mach dich auf den Weg – in das Land, das ich dir zeigen werde.“

Als Nomade war es für Abraham durchaus normal, mit seinen Tieren nach neuen Weidegründen zu suchen. Aber Gott geht es um mehr. Abraham soll alles zurücklassen, was ihm bisher Sicherheit gegeben hat. Er soll sich in ein neues Land aufmachen, und er hat dabei keine andere Sicherheit als die Zusage von Gott, dass er ihn führen wird. 

Dieses verheißene Land ist nicht auf einer Landkarte festzumachen. Es geht vielmehr um eine Erfahrung. Wer das Alte zurücklässt und dabei radikal auf Gott vertraut, der kann Gott neu entdecken. Das ist das verheißene Land: die Erfahrung, dass Gott mit uns geht. Darum geht es im Glauben. Und um das Vertrauen und den Mut, dass das Leben so gelingen kann. 

Der Jahreswechsel ist für mich ein Anlass, darüber nachzudenken, welche Wege ich in meinem Leben schon gegangen bin. Was mich inspiriert hat oder auch zögern ließ. Wenn ich das Gefühl habe, dass mein Leben in einer Sackgasse steckt, dass es immer starrer und unlebendiger wird, dann hilft es mir, mich auf den Weg zu machen. Mich einem Weg anvertrauen, neue Horizonte entdecken, vielleicht auch neue Weggefährten - und dabei entdecken, dass Gott mit mir unterwegs ist.

Es geht vieles besser, wenn man mehr geht!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18862
weiterlesen...