SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Second Life, die virtuelle Welt im Internet, bietet eine ganze Menge. Fast wie im richtigen Leben kann man umherlaufen, Shoppen oder mit Immobilien handeln. Bald kann sogar der Kölner Dom besucht werden. Die Dombauverwaltung tüftelt gerade an einer virtuellen 3-D-Kathedrale, die ab Mitte August online sein soll.
Letztes Jahr wurden die Mitgliedsbeiträge bei Second Life abgeschafft. Seitdem boomt dort auch das religiöse Leben. Das hat mich neugierig gemacht. Ich habe also einen virtuellen Charakter erschaffen und mich mal umgesehen im Second Life.
Es ist 11 Uhr Second Life Zeit. Ich betrete mit meinem Charakter die Jesus-House-Kirche. Mit mir sind noch ca. zehn andere Figuren da. Sie chatten miteinander. Ich will mir das ganze erst mal von der Empore aus anschauen. Etwas verspätet tritt der Pfarrer ans Lesepult. Erst informiert er uns darüber, dass wir per Mausklick den Ton anschalten können. Dann hören wir Kirchenmusik, ein Gebet und die Predigt.
Am Eingang habe ich ein Paket mit Gebetshaltungen für meine Figur aufgenommen. Ich kann wählen zwischen Tanzen, Arme heben oder der klassischen Gebetshaltung mit gefalteten Händen. Nach dem Gottesdienst chatte ich noch etwas und erfahre viel über die anderen Besucher aus aller Welt. Inzwischen soll es sogar schon Beerdigungen und Eheschließungen in Second Life geben, aber auch Bibelkreise, Meditationsgärten und bald eben auch den Kölner Dom.
Ich finde, das äußere Gesicht der Religion ähnelt schon sehr dem aus der echten Welt: Gebäude, verschiedene Angebote und Rituale. Und für den ein oder anderen mag die Anonymität des Internets vielleicht sogar inspirierend sein.
Mir ist es allerdings nicht gelungen, Gott ein Stück näher zu kommen. Und das ist schließlich der Kern einer Religion. Ich glaube, dafür braucht es immer noch Begegnung mit echten Menschen aus Fleisch und Blut. Aber die treffe ich nicht im Second Life, sondern nur ersten Leben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1884
weiterlesen...