Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Jetzt ist auch am Vormittag Leben in der Bude. Also Bude ist vielleicht der falsche Ausdruck, denn unser Pfarrhaus mitten in der Koblenzer Altstadt ist eigentlich ein großes stattliches Haus. Aber am Vormittag sind hier nur die Büros besetzt. Es wird zwar gearbeitet, aber besonders lebendig, geht es da nicht zu. Es sind eben Büros, d.h. in erster Linie wird hier verwaltet, nicht gelebt. Normalerweise kommt erst am Nachmittag Leben in die Pfarrhausbude. Dann sind nämlich viele Kinder im Haus. Die Kinderchöre proben. Einer nach dem andern und in den Pausen kann man dann Kindergeschrei hören und im Pfarrhof wird auch Ball gespielt. Eltern kommen und gehen, um ihre Kinder zu bringen oder abzuholen, stehen herum, schwatzen miteinander – Leben eben. Seit zwei Wochen ist solches Leben jetzt auch am Vormittag im Pfarrhaus. Und zwar ein buntes, internationales Leben. Kindergeschrei ist zwar keins zu hören, aber ein Durcheinander von Sprachen, und zwar welche die ich nicht verstehe, dringt schon an mein Ohr. Fünfzehn Flüchtlinge aus Syrien, Ägypten, Pakistan, dem Irak und aus Palästina kommen viermal die Woche in unser Pfarrhaus, um deutsch zu lernen. Es sind junge Leute, keiner älter als dreißig und alle erst seit kurzem hier. Das heißt, sie können noch so gut wie kein deutsch. Es ist ein gemeinsames Projekt unserer katholischen Pfarrgemeinde mit der evangelischen Diakonie. Gelebte Ökumene wie sie besser nicht sein kann. Schon seit Jahren haben wir in der Ökumene ein sehr gutes Miteinander in unserer Stadt. Es gibt ökumenische Gesprächskreise und auch regelmäßige ökumenische Gottesdienste. Das ist alles gut und richtig: Aber wichtiger noch als miteinander reden und beten ist miteinander handeln. Sich gemeinsam als Christen dieser Stadt für Flüchtlinge einsetzen. Landauf landab geschieht das im Moment in vielen Städten und Dörfern. Über die Konfessionsgrenzen hinweg, setzen sich Christen gemeinsam für Flüchtlinge ein. Und in vielen Pfarrhäusern und Gemeindezentren kommt so Leben in die Bude. Ein Leben, das den Kirchen gut tut.

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