Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Besinnlich! Jedes Jahr im Advent begegnet mir dieses Wort. So oft wie das ganze Jahr über nicht. Besinnlich. Wir wünschen uns eine besinnliche Adventzeit, ein besinnliches Weihnachtsfest, Zeit für Ruhe und Besinnung, es regnet regelrecht Besinnungswünsche.
Wenn ich allerdings mit vollen Einkauftaschen unterwegs bin, zur Arbeit hetze oder in der Wohnung mal wieder alles unaufgeräumt ist, dann ist es so gar nicht besinnlich bei mir.
Aber ich denke: Schön wär´s ja schon, das mit der Besinnlichkeit!
Für mich hat das viel mit Innehalten zu tun: nicht einfach abspulen, funktionieren, den Alltag total verplanen. Besinnlichkeit gibt es, wenn es in Alltag immer wieder diese kleinen Zeitinseln gibt, Auszeiten, in denen es möglich ist, die Gedanken laufen zu lassen, die eigenen Antennen auszustrecken für das, was Sinn macht.
In der Bibel gibt es zwei Frauen, die diese Gegensätze verkörpern – die eine ist praktisch veranlagt, zupackend und mit dem Blick für das, was zu tun ist. Die andere setzt sich einfach zu Jesu Füssen, hört ihm zu, und besinnt sich darauf, was er ihr sagt. Martha und Maria – zwei  Frauen, zwei Verhaltensweisen, die ich beide kenne: Tun und Lassen.
In der Geschichte haben Martha und Maria kein Verständnis füreinander: „Was sitzt Du da rum und hilfst mir nicht!“ sagt Martha.  Und Maria schaut sie nur an und versteht nicht, warum Martha so verbissen schafft und tut, statt sich mal hier zu Jesu Füßen auf das Wesentliche zu besinnen.
Jesus meint: Gut, dass Maria das nicht aus den Augen verliert. Dass Zeit zur Besinnung mindestens  genauso wichtig ist wie all das andere - auch wenn dabei nichts geschafft wird.
Ich kann allerdings durchaus auch Martha gut verstehen: Ich kann doch jetzt vor Weihnachten nur schwer die Hände in den Schoß legen. Da ist noch so viel zu tun! Aber Jesus verteidigt die besinnliche Maria, auch die in mir.
Offen werden für das, was Weihnachten bedeutet, offen werden dafür, dass Gottes Liebe zu uns kommt. Dass uns viel mehr geschenkt wird, als das, was wir uns durch unsere Leistung und durch Abrackern verdienen könnten. In diesem Sinne: Einen tatsächlich auch besinnlichen Advent wünsche ich Ihnen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18756
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