Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Die Tür zur Terrasse geht auf. Kalte Luft weht herein. Die Kerze flackert. Eine Stimme ruft freudig: „Ho Ho Ho, hier bin ich richtig.“ Und die Kinder erschrecken sich tierisch.
So war das, heute vor einem Jahr. Freunde von uns hatten den Nikolaus gemietet. Für 20 € haben sie ihn zu sich nach Hause bestellt. Und er war nicht allein. Er hat noch den Knecht Ruprecht mitgebracht.
Die Kinder sind mucksmäuschen still. Eben waren sie noch ganz coole Grundschulkinder – jetzt ist ihnen unheimlich.
Knecht Ruprecht fragt: „Wart ihr auch alle brav?“ Die kleine Lisa fängt an zu weinen. Sie hat Angst. Das gefällt mir nicht.
Ich finde: Angst gehört einfach nicht zum Nikolaus. Der soll ja ein Heiliger sein. Ein Bischof. Und ich denke: Vor einem Bischof sollte man nicht Angst haben. Und auch nicht vor Gott.
In der Bibel heißt es: „Angst ist nicht in der Liebe.“ (1. Joh 4,17)
Aber Lisa weint trotzdem. Sie hat Angst vor der Strafe, Angst vor dem Nikolaus.
Zu viele Menschen haben Angst. Vor dem Chef, vor der nächsten Prüfung, vor der Zukunft. Ob sie an Gott glauben oder nicht.
Mir hilft es, an Gott zu glauben. Das hilft mir gegen die Angst. Ich glaube an den Gott, der ein barmherziger Vater ist, wie Jesus gesagt hat. Der nicht will, dass du brav bist, sondern lebendig, neugierig und aufrichtig.
„Die Liebe“ heißt es in der Bibel weiter, „die Liebe treibt die Angst aus.“
Aber Lisa versteht das nicht. Sie hat immer noch Angst vor Nikolaus und Knecht Ruprecht. Da nimmt ihre Mutter sie in die Arme. So macht Gott das auch, denke ich. Er tröstet die, die Angst haben. Er tröstet sogar die, die etwas angestellt haben. So wie Lisa. Denn das hat sie bestimmt. Und trotzdem nimmt ihre Mutter sie in die Arme. Trotzdem ist sie ihr geliebtes Kind. Und bleibt es auch.
Am Ende hat Lisa sich wieder beruhigt. Der Nikolaus hat ihr eine Puppe mitgebracht. Es stimmt schon: Liebe treibt die Angst aus.

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