SWR3 Gedanken

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Lina. Sie war meine beste Freundin. Ich schwärmte für Paul Newmann, sie für Romy Schneider. Und für die Englischlehrerin. „Bin ich normal?“ Lesbisch. In den 80ern wurde das Wort nur geflüstert. Voller Scham, auch von Lina. Sie litt.
Martin. Meine erste Moderation. Eine Kirchenmagazinsendung. “Ich bin schwul und Christ“, meinte Martin. Mutig. Kleine Aufbrüche in den 90ern waren das. Nur kleine. Die Zuschauerwutpost folgte. Besonders von angeblich „frommen“ Christen. Ich schämte mich. Und heute manchmal wieder.
Einige evangelische Gemeinden stehen längst zu ihrer Pfarrerin samt Ehefrau oder dem Pfarrer mit Mann, andere sehen darin den Verfall christlicher Werte. Wann immer darüber neu diskutiert wird – wie jüngst auf der Bischofsversammlung in Rom - kommen die alten Ängste hoch. Als wäre Schwulsein ansteckend, als würden gleichgeschlechtliche Paare die gottgewollte, klassische Ehe gefährden. Dabei findet sich in der Bibel kein klares Familienbild. Dafür etwa Vielweiberei, verheiratete Bischöfe, selbstbewusste Leihmütter. Und ja, auch homosexuelle Praktiken. „Du sollst nicht beim Manne liegen!“ Das galt allerdings Heterosexuellen. Ehemännern, die sich wie die Griechen eben mal einen Lustknaben nahmen.
Nein, die Bibel sagt nichts über schwule oder lesbische Paare. Sie sagt nur: Am Ende bleibt die Liebe. Und, Lina und Martin, eins noch: Der Gott Jesu – der Sünder eher mag als selbsternannte Fromme – der liebt wohl auch anders als manche Moralapostel sich das wünschen.

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