SWR2 Wort zum Tag

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Urs Meier, ein ehemaliger Fußball-Schiedsrichter, behauptet: „Wenn ich  keinen Parkplatz finde, dann stelle ich mir einfach vor, dass einer frei wird. Und ich garantiere Ihnen, es wird einer frei.“

Urs Meier ist heute Mentaltrainer und Coach und hilft Menschen dabei, sich zu entscheiden. Und seine Methode heißt: Mentales Training. Also, wer sich bildlich vorstellt, was er sich wünscht, der bekommt das dann auch. Das behauptet zumindest der Mentaltrainer.

Dass das so einfach ist, glaube ich nicht. Es wird doch kein Parkplatz frei, nur weil ich mir das jetzt wünsche. Und schon gar nicht auf Knopfdruck. Und wer das Parkplatzchaos morgens kennt, weiß, was ich meine. 

Ich verstehe mentales Training so: Ich kann durch innere Vorstellungen oder geistige Übungen lernen, mich auf Situationen besser vorzubereiten. Zum Beispiel bei der Parkplatzsuche. Ich stelle mich darauf ein, dass es morgens länger dauern wird und auch chaotisch sein kann. Ich versuche nicht ungeduldig zu werden, schon gar nicht, wenn andere drängeln oder mich unhöflich anhupen. Ich suche weiter. Denn wenn ich noch zwei oder drei Extrakurven drehe, dann wird vielleicht ein besonders guter Parkplatz frei.  Oder ich treffe im dritten Oberdeck im Parkhaus einen Bekannten, und ich freu mich drüber.

Und dann denke ich mir: Es gibt Umwege, die durchaus Sinn machen. Aber um das zu erkennen, brauche ich auch viel Geduld. Und die übe ich täglich, indem ich mir vorsage:

Nein, ich rase heute nicht über die Kreuzung, ich gönne mir diese kurze Pause an der Ampel im Auto, auch wenn ich schon viel zu spät dran bin. Ich bleibe ruhig und höflich, wenn sich in der Warteschlange andere vordrängeln. So übe ich innerlich gelassen zu bleiben. Und im Alltag gibt es wirklich viele Situationen, in denen ich genau das brauche: Geduld.  

Bei der Parkplatzsuche habe ich jetzt einen neuen Plan:  Ich lasse die anderen vor – und zwar ganz bewusst und mit einem Lächeln. Schön, wenn dann auch ein Lächeln durch das Autofenster zurückkommt. Keine Hektik, keine Ellbogen mehr, jetzt haben die anderen Vorrang. Denn es macht mich froh, wenn ich anderen eine Freude machen kann. Und damit meine ich nicht, dass ich ständig nachgeben soll oder mich nicht durchsetzen kann. Für mich hat das mit innerer Stärke und mit Entschiedenheit zu tun und mit Nächstenliebe, wenn ich anderen ihren Platz gönne. Und das von Herzen.

Urs Meier empfiehlt als Coach sogar: Denken Sie positiv. Verbreiten Sie eine gute Stimmung um sich herum, loben Sie andere und Ihre Entscheidungen, Sie werden so leichter Ihre eigenen finden. Und manche Probleme lösen sich so ganz von alleine. Schritt für Schritt. Das ist wirklich einfach. Wo ist der nächste Parkplatz?

 

Urs Meier: Du bist die Entscheidung. Schnell und entschlossen handeln. Frankfurt 2008.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18693
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