SWR4 Abendgedanken

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Es gibt so ein Sprichwort, dass hinter jedem großen Mann eine starke Frau steht. Heute, am Tag der Heiligen Elisabeth von Thüringen, will ich das umkehren. Denn hinter dieser großen Frau steht ein starker Mann. Ein zärtlicher starker Mann.

Elisabeth ist vielen vielleicht als Vorbild für Nächstenliebe und Großzügigkeit bekannt. Sie hat im Mittelalter gelebt und war mit dem Landgrafen von Thüringen verheiratet. Obwohl sie ihrem Mann schon als Kind versprochen war, heißt es, dass die beiden eine glückliche Ehe geführt haben. Und dieses Glück zeigt sich für mich an der Freiheit, die ihr Mann Elisabeth lässt.

Elisabeth war von Kind auf sehr religiös. Auch in der Zeit ihrer Ehe hat sie ihren Glauben ernst genommen und sich als Fürstin um die Ärmsten der Armen gekümmert. Ihr Mann Ludwig hat dem eher distanziert gegenüber gestanden.

Eine Legende berichtet, dass ein paar Leute am Hof ihn eifersüchtig machen wollten. Eines Tages haben sie ihm das Gerücht erzählt, dass seine Frau einen anderen Mann bei sich im Bett habe. Der Landgraf ist sofort in ihr Schlafzimmer gegangen, hat nachgesehen und in ihrem Bett ein Christusbild gefunden. Er hat sofort verstanden, ihr vertraut und ihr weiter die Freiheit gelassen, ihren Glauben zu leben.

Mich berührt an dieser Episode, dass sie mir zeigt, dass es in einer Partnerschaft so was wie eine dritte Dimension geben muss: Für Elisabeth ist es die Religion. Es hätte vielleicht auch etwas Anderes sein können, heute wäre es vielleicht der Beruf, ein Hobby oder ein Spleen. Ich finde es wichtig, dass jeder einen Bereich hat, in dem er sich verwirklichen kann. Und wenn der Ehepartner das zugesteht, ist das für mich eine Art von Zärtlichkeit. Im Italienischen heißt Zärtlichkeit „Pietà“. Und das meint eben beides: Einfühlen und Respektieren. Also, dass ich mitfühle und dass ich dem anderen dann die Freiheit für das lasse, was er braucht. Beides zusammen ist eine Form, die Grenzen des anderen zu wahren und ihm gerade dabei noch zärtlich nah zu sein.

Vielleicht ist das ein wichtiger Baustein für eine gelingende Partnerschaft, vielleicht ist es sogar auch eine Form, wie Gott mir nahe ist und ich ihm: Zärtlich bin ich dann, wenn ich seine Grenzen respektiere und ihm gleichzeitig vertraue.

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