SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ich mag diesen Spruch überhaupt nicht: „Das Leben ist kein Ponyhof“. Meistens benützen ihn Leute, wenn sie sagen wollen, dass ihnen ein Wunsch von mir nicht passt. Was mir dabei nicht gefällt, ist dieser ironische Unterton. Wenn ich umgekehrt jemandem ein „Nein“ sagen muss, kann ich das doch auch freundlich sagen. Dass ich einen Wunsch nicht erfüllen kann oder will, ist doch schon unangenehm genug für den anderen.

Ich habe mir mal Gedanken gemacht über das Bild, das hinter diesem Spruch steht. Mein Leben hat auf den ersten Blick gar nichts mit einem Ponyhof zu tun. Ich weiß nicht mal, ob es reine Ponyhöfe überhaupt gibt. Aber ich habe bei Fahrten durch Norddeutschland schon Pferdehöfe mit weiten grünen Koppeln gesehen. Bei Ponys denke ich an eine Miniversion des Pferdes. Manche finden Ponys vielleicht niedlich, sie sind sicher nichts, womit ich große Sprünge machen kann. Als Reittiere sind sie eher für Kinder geeignet. Wenn ich drauf sitzen müsste, könnte ich selbst mitlaufen, weil meine Beine den Boden berühren. Ich denke mir, dass sie viel Arbeit machen. Die Tiere füttern und pflegen und natürlich viel Mist, der weggemacht werden muss.

Dass ich keine großen Sprünge machen kann, dass der Alltag aus Arbeit besteht und dass ich viel mit Mist zu tun habe, das passt aber doch ganz gut zum meinem Leben. Vielleicht ist das Leben in dieser Hinsicht ja sogar doch wie ein Ponyhof. Ich bekomme nicht alles, was ich mir wünsche und vieles läuft anders als ich es mir vorstelle. Deshalb muss ich immer wieder lernen, bescheidener zu sein mit dem, was ich mir wünsche. Und auch mit dem, von dem ich denke, dass ich es zu meinem Glück unbedingt brauche.

Vielleicht hängt es aber auch von der Perspektive ab. Ich kann es nämlich auch ein bisschen steuern und entscheiden, ob ich in meinem Leben nur das sehe, was nicht in Erfüllung geht. Ob ich vor allem spüre, wie sehr meine Arbeit mich anstrengt, ob ich nur darüber nachdenke, was ich nicht habe. Oder eben, ob ich mich auch an kleineren Dingen freue und in all dem das suche, was mich zufrieden macht: bei der Arbeit die kleinen Erfolge oder die Momente, in denen ich kurz durchschnaufe und meine Gedanken von Stress auf Pause umschalten kann. Und wenn ich Fehler mache, kann ich sie als den Mist sehen, der zum Leben dazugehört und den ich halt wieder wegmachen muss. Die Fehler und die kleinen Erfolge, beides gehört zum Leben.

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