SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Mann, jetzt brems doch endlich!“ – der Abstand zum Auto vor uns verkürzt sich für mich beängstigend  - aber mein Mann lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. „Das Auto bremst doch allein“, erklärt er mir. Dieses neue Auto würde automatisch für den richtigen Abstand sorgen und bei Gefahr auch schon mal eine Vollbremsung hinlegen. Dieses Sicherheitsextra wollte er ausprobieren.

Das ist nun überhaupt nichts für meine schwachen Nerven! Wobei ich sonst schon Vertrauen in die Technik habe. Ohne das geht es heute nicht mehr.

Mein ganzes Leben lang muss ich vertrauen können, Dingen und Menschen – das wird mir nach diesem Erlebnis so richtig bewusst.

Am Beginn des Lebens, als Kind, ist das ganz einfach. Da vertraut man den Eltern unendlich. Und auch anderen Menschen, von denen man glaubt, dass sie es gut mit einem meinen. Später ändert sich das. Dann ist es nicht mehr so einfach und auch nicht gut, allem und jedem blind zu vertrauen. Inzwischen habe ich schon eigene Lebenserfahrungen gemacht, weiß vieles und deshalb überlege ich, wem oder welcher Sache ich wirklich trauen kann. Außerdem wird mir bewusst: Auch wenn ich vertraue, bin ich, wenigstens zu einem Teil, selbst verantwortlich.
Vertrauen ist im Grunde eine wechselseitige Beziehung und Garantien gibt es nicht. Einer möchte, dass man ihm vertraut und der andere möchte vertrauen. Der Erzieherin, von der ich mein Kind betreuen lasse, muss ich ganz vertrauen können. Ist sie kompetent und liebevoll? Und ist ihr bewusst, welches Vertrauen ich ihr entgegenbringe, wenn ich ihr mein Liebstes übergebe? Kann sie mir das vermitteln, damit ich beruhigt bin?

Ich sage manchmal, dass ich ein gesundes Gottvertrauen habe und meine damit, dass ich eine Sache optimistisch angehe. Ich hoffe, insgeheim, dass Gott seinen Segen dazu gibt.

Aber wie geht es Menschen, die sich mit einem Anliegen an Gott wenden, ihm vertrauen und dann enttäuscht meinen, Gott hat nichts für mich getan? Wenn es ihnen nicht möglich ist, wenigstens Spuren Gottes zu erkennen?

Für mich ist Gott unbegreiflich und deshalb glaube ich auch, dass ich vieles, was passiert, einfach nicht verstehen kann.

Es ist ein großes Glück, wenn man nach Enttäuschungen, besonders auch dann, wenn Vertrauen schlimm missbraucht worden ist, immer wieder wagt zu vertrauen. Nicht resigniert.
Es ist gut, wenn man sich dabei von anderen auch helfen lassen kann.
Denn ohne Vertrauen gelingt unser Leben nicht wirklich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18501
weiterlesen...