SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Wer laut ist wirkt auf andere attraktiver, klüger und ist beruflich erfolgreicher und beliebter“ – das zeigt eine Studie. Wie ungerecht, habe ich so bei mir gedacht. Und spontan sind mir so einige unangenehme Erlebnisse mit Menschen eingefallen, die sich äußerst lautstark verbreitet haben, ohne Rücksicht auf andere. Doch um Menschen mit schlechtem Benehmen geht es in dieser Studie nicht.

Vielmehr darum, bei welcher Lautstärke wir uns wohlfühlen. Psychologen sagen, dass wir entweder als eher lauter oder eher stiller Mensch geboren werden. Und dass jeder wohl auch so seinen ganz eigenen Lautstärkeregler in sich trägt.  Das kann sich zwar im Laufe des Lebens durch verschiedene Einflüsse auch verändern, aber grundsätzlich gehöre ich entweder zu der einen oder anderen Gruppe. So ist es nun mal, auch wenn ich vielleicht gern anders wäre. Als Teenager bin ich sogar mal ein bisschen neidisch auf eine Freundin gewesen: Sie war sehr beliebt. Sie war einfach immer unterhaltsam und schlagfertig, und wo was los war, durfte sie nicht fehlen. Ich war da zurückhaltender.

Und zurückhaltende, stille Menschen werden eben auch leicht mal übersehen und haben es schwerer, sich die Anerkennung zu verschaffen, die sie verdienen und wünschen. Laut der Studie sind nur 25 von 100 Menschen eher ruhig. Das ist bei vielen Gelegenheiten offensichtlich. Und in Talkshows, wird man kaum stille Menschen erleben. Da sind Menschen gefragt, die nicht lange überlegen müssen, bevor sie Fragen beantworten oder Statements abgeben.

Genau das aber fällt stillen Menschen schwer. Sie stehen nicht so besonders gern im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Während laute Menschen durch äußere Reize stimuliert werden, wirken zuviel davon auf ruhige Menschen erschöpfend. Sie müssen sich immer mal zurückziehen können. So geht es mir auch.

Das ist durchaus von Vorteil, weil ich dann in aller Ruhe Dinge überdenken kann, einen anderen Blickwinkel auf das Erlebte bekomme.

Und ich meine, genau daraus ergeben sich die Stärken von stillen Menschen. Weil sie oft viel genauer beobachten und länger überlegen ehe sie handeln. So sind sie oft besonnener und taktvoller –man sagt deshalb, dass sie kluge Verhandlungsführer sind.

Es spricht vieles dafür, gut auf ruhige Menschen zu achten, sie nach ihrer Meinung zu fragen. Und ihnen auch die Gelegenheit zu geben, ihre Stärken zu zeigen.
Dass sie beispielsweise oft sehr gut zuhören können und einfühlsam das herausfiltern, was ihrem Gegenüber wirklich wichtig ist. Wie dringend brauchen wir solche Menschen!

Es ist wichtig eine Atmosphäre zu schaffen, in der sie sich auch wohlfühlen können! Damit alle, die Lauten und die Stillen, gut miteinander leben können und sich gegenseitig im Guten beeinflussen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18500
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