SWR2 Wort zum Tag

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In der Bibel gibt es eine Geschichte, bei der ich mir schon immer gewünscht habe, Buster Keaton oder Charlie Chaplin hätten sie einmal verfilmt: von zwei Männern ist da die Rede, die sich ein Haus bauen.
Der eine sucht sich das Fundament dafür sorgsam aus und setzt das Bauwerk auf felsenharten Untergrund. Da steht es stabil und kann jedem Wetter trotzen. Der andere ist weniger sorgfältig. Vielleicht will er bei seinem Domizil schnell mit dem anderen gleichziehen, vielleicht spart er an der falschen Stelle. Jedenfalls übersieht er das Wichtigste. Er vergisst es, einen gescheiten Bauplatz zu wählen und stellt sein Bauwerk auf sandigen Boden. Keine architektonische Meisterleistung, wie sich bald zeigt! Beim erstbesten Regenguss schwemmt es das weiche Fundament aus. Das Haus verliert den Halt. Die tragenden Wände geraten ins Rutschen. Und der ganze Schildbürgerstreich fällt in sich zusammen.
Wie gesagt: ein Slapstick besten Stils. Ich sehe die Bilder plastisch vor mir. Dazu das leicht belämmerte Gesicht von Buster Keaton – dem traurigen Clown des Stummfilms.
Die Geschichte der beiden Bauherren steht in der Bibel, Jesus hat sie erzählt – doch wozu? Als Bauanweisung taugt sie wenig. Die Sache mit dem Fundament ist ja eine Binsenweisheit. Und die Slapstick-Pointe funktioniert deshalb so gut, weil es jeder Zuschauer und jede Zuhörerin von Anfang besser weiß als der Sandbaukünstler. Wahrscheinlich hat Jesus diese Geschichte auch genau deshalb in ihrer ganzen Durchsichtigkeit und Schlichtheit erzählt – weil da jeder zustimmen wird: auf die Grundlage kommt es an.
Die Geschichte Jesu steht am Ende der so genannten „Bergpredigt“. In ihr entfaltet Jesus einiges an Grundlagen für ein Leben, das Bestand haben soll: zum Beispiel die immer noch aktuelle Einsicht, dass es gefährlich ist, dem Geld und der Geldvermehrung zu dienen wie einem Götzen. Stattdessen kommt es Jesus zufolge darauf an, ökonomisch umzudenken. Jesus rät, sich nicht über den heutigen Tag hinaus zu sorgen, sondern sich an der Natur ein Beispiel zu nehmen. Mich erinnert das daran, dass die astronomischen Geldmengen, die sekündlich virtuell um den Globus geschossen werden, längst nichts mehr mit der Realwirtschaft zu tun haben. Das
muss doch in einer Blase enden oder – um es mit Jesus zu sagen – im Sand.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18485
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