Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Religion und Gewalt – davon können auch die Evangelischen ein Lied singen. Zum Beispiel bei Ulrich Zwingli. Er hat vor knapp 500 Jahren den evangelischen Glauben in Zürich eingeführt und heute ist sein Todestag. Er ist aber nicht sanft und friedlich in einem großen Zürcher Bürgerhaus gestorben, sondern auf dem Schlachtfeld. Er war nämlich der Meinung, dass man andere Schweizer durchaus mit Waffengewalt zu seiner Vorstellung vom christlichen Glauben zwingen könnte. Bei Kappel ist es zum Kampf gekommen, die Züricher, die nachlässig und ein bisschen arrogant nur mit ihrer Vorhut ausgerückt waren, wurden vernichtend geschlagen. Und Ulrich Zwingli verliert im Kampf sein Leben. – Klar, dass danach die siegreichen Gegner am Zug waren und einige Gegenden wieder katholisch wurden. Man merkt heute schnell: der gerade einmal Stärkere bestimmt die Religion – so kann das nicht funktionieren. Auf dieser Gewaltspirale liegt kein Segen. Kriege im Namen des Glaubens haben mit Schuld daran, dass Religion bei vielen Menschen keinen guten Ruf hat. Auch wenn solche Religionskriege in Mitteleuropa – hoffentlich! –ein für allemal der Vergangenheit angehören, ist das an vielen anderen Orten traurige Wirklichkeit. Kann man denn wirklich nichts aus der Geschichte lernen? Die Züricher haben es damals, nach Zwinglis Tod geschafft, aus der Spirale von Hass und Gewalt auszubrechen. – Erstens haben Sie als Vorsteher ihrer Kirche einen friedliebenden, ausgleichenden Mann gewählt – Heinrich Bullinger. Der stand mit halb Europa in engem brieflichem Kontakt, auch über Konfessionsgrenzen hinweg – und wer seinen Gegnern regelmäßig schreibt, der schießt  nicht so schnell… Außerdem haben die Zürcher beschlossen, dass in Zukunft nicht nur der Rat der Stadt, sondern der ganze Kanton mitentscheiden soll, wenn es um Krieg und Frieden geht – so etwas dauert bekanntlich und da überlegt man zweimal, ob Gewalt wirklich eine Lösung ist. Ich finde den Zürcher Weg clever und aktuell bis heute.

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