SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Seligpreisungen übersetzt (zu Mt 5,3-12)
„Ich will euer Leben nicht, ich will euer Scheissleben nicht“, so heißt ein Titel der Popband Basis. Ein polemischer Schlag gegen bürgerliche Lebensmodelle. Heftig deftig formuliert.
Die Band gibt es schon lange nicht mehr, den Protest schon, den Angstschrei unterzugehen, das Eigene, Unverwechselbare nicht zu finden. Diese Sehnsucht ist so alt  wie der Mensch selbst. Das Gegenteil auch. Immer wieder schaffen wir es, bequem in der Masse unterzutauchen. Nicht aufzufallen, sich nicht einzumischen, weg zuschauen, Problemen auszuweichen, den Weg des geringsten Widerstandes zu wählen. Gut, dass es zwischendurch Worte gibt, die wie Stachel wirken. Schmerzhaft aber notwendig. Um wieder wach zu werden, hellwach im besten Sinne. Ein solcher Text gehört zu den bekanntesten des Evangeliums. Er stammt von Jesus von Nazareth: „Die Seligpreisungen“. Übertragen, meditiert in unsere Zeit und Sprache übersetzt, könnte er sich heute so anhören: 

Selig, die mit wenig auskommen können.
Die sich auch freuen an Dingen,
die sie nicht unbedingt besitzen müssen.

 Selig sind die,
 bei denen nicht sofort alles weitergeht.
 Die trauern können,
 sich ihrer Tränen nicht schämen
 und sich nicht sofort unter Kontrolle haben.

 Selig, die nicht alles mit der Faust regeln.
 Die ihre Worte nicht wie Messer
 und Vorschlaghämmer missbrauchen.

 Selig, die nicht wegschauen.
 Die sich mit Leidenschaft für das interessieren,
 was neben ihnen geschieht.

 Selig, die nicht in Schubladen denken.
 Die, weil sie sich selbst kennen,
 barmherziger mit dem Scheitern anderer umgehen.
Selig, die nicht zumachen, sich anderen verschließen.
 Die damit rechnen, dass Gott mit niemanden fertig ist.

 Selig, die über ihren Schatten springen können.
 Die fähig sind ihre kleinen Kriege vor Ort zu beenden.

Selig, die sich nicht verbiegen und krümmen lassen.
Die bereit sind für ihr Rückgrat den Preis zu zahlen.

 Selig, die nach der Wahrheit suchen, die sie Gott nennen.
 Die das Grinsen kennen, wenn sie zugeben an etwas zu glauben.

 Selig, die mit Lust und Leidenschaft ihren Weg gehen.
Den eigenen, unverwechselbaren,
ohne Schablone und ohne Angst vor Risiko.

 Selig, die sich nicht treiben lassen,
 die Gegenwind aushalten,
 sich selber treu bleiben, 
 so wie sind.
 Mit allem Schönen und Schweren,
 mit Ecken und Kanten
mit Sehnsucht und Dank.

 Selig, die leben.

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