SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Ich kann mich noch an jenen Tag erinnern, als ein Freund mich anrief und mir sagte: Bernd ist tot. Er sei in seinem Studentenzimmer gefunden worden. Offenbar habe er sich das Leben genommen. Ich war geschockt. Warum gerade Bernd, habe ich damals gedacht. Er stand kurz vor seinem Studienabschluss. Wir kannten uns aus Kindertagen, waren schon zusammen in die Grundschule gegangen, später ins Gymnasium, haben dann am selben Ort studiert. Oft haben wir uns besucht damals, haben gemeinsam Dinge unternommen. Bernd war einer meiner besten Jugendfreunde. Glaubte ich. Wie tief er an sich zweifelte, an seinen Fähigkeiten, seinem Studium, seiner Zukunft, habe ich erst später erfahren. Wenn wir zusammen waren, hat er nie etwas davon erwähnt. Oder vielleicht doch? Die Fragen haben mich damals noch lange umgetrieben. Hätte ich etwas merken müssen? Hätte ich seinen Tod vielleicht verhindern können? Eine befriedigende Antwort habe ich bis heute nicht gefunden.

Heute, am 10. September, ist der Welttag der Suizidprävention. Rund 10.000 Menschen sterben jedes Jahr allein in Deutschland, weil sie ihrem Leben selber ein Ende setzen. Es sind dreimal so viele, wie im Straßenverkehr zu Tode kommen. Mir ist heute klarer, dass mein Freund Bernd wohl nicht unbedingt sterben wollte. Er wollte nur nicht mehr weiter so leben wie bisher. Er hätte professionelle Hilfe gebraucht, um sein Leben neu ordnen zu können.  Ob ich das Unheil damals hätte verhindern können, weiß ich nicht. Aber es hat mich wachsamer gemacht. Aufmerksamer. Hellhöriger.

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