Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Heute vor genau 75 Jahren begann der Zweite Weltkrieg. Am Morgen des 1. September 1939 fielen deutsche Truppen in Polen ein. Für Polen war dieser Krieg eine Katastrophe. Denn es war nicht nur ein Krieg zwischen Armeen. Das polnische Volk sollte vernichtet werden. Frauen, Männer und Kinder wurden aus ihren Häusern gezerrt und zur Zwangsarbeit gezwungen. Andere wurden einfach erschossen. Etwa sechs Millionen Polen wurden ermordet. Wer als Pole den Krieg überlebte, war traumatisiert. Mit den Deutschen wollten die Polen danach nie mehr etwas zu tun haben. Doch auch die Deutschen waren nach 1945 nicht gut auf die Polen zu sprechen. Viele verloren ihre Heimat, weil Deutschland nach dem Krieg Gebiete an Polen abtreten musste. Die Verbitterung auf beiden Seiten war riesengroß. Aber kann man Nachbarn sein, mit Hass und Groll im Herzen? Auf Dauer geht das nicht. Die katholischen Bischöfe in Polen sahen das als erste ein. Sie sagten sich: Die Wunden sind zwar noch lange nicht verheilt. Aber wir müssen aufeinander zugehen. Wir, Deutsche und Polen, müssen wieder miteinander reden! Viele von uns sind doch Christen! In diesem Sinne schrieben die polnischen Bischöfe im November 1965 einen Brief an die deutschen Bischöfe: Darin hieß es: „Wir vergeben und bitten um Vergebung.“ Dieser Satz stieß damals auf heftige Kritik im eigenen Land. Viele Polen sahen keinen Grund, die Hand zur Versöhnung auszustrecken. Die kommunistische Regierung nutzte den Brief, um die Bischöfe als Verräter an der polnischen Sache zu beschimpfen. Doch die Bischöfe blieben standhaft. Die Zeit gab ihnen Recht. Jahre später beriefen sich Politiker auf beiden Seiten auf diesen Brief. Heute ist es normal, dass sich Polen und Deutsche wieder vertrauensvoll und freundschaftlich begegnen. Das zeigt: Versöhnung ist möglich. Es muss nur jemand den Schritt tun, die Mauer der Verbitterung zu überwinden.

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