SWR4 Abendgedanken

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Klara von Assisi war die Tochter eines reichen Adeligen. Die Eltern wollten über ihre Zukunft entscheiden. Klara sollte einen standesgemäßen Mann  heiraten, um gut leben zu können mit Dienern und feinen Kleidern. Aber auch, um der Familie Wohlstand und Macht zu sichern. Doch es kam alles anders.

Klara hört im Dom von Assisi einen armen Mönch predigen: Er heißt Franziskus. Seine Art zu predigen und zu leben faszinieren sie: Völlig frei werden von dem, was andere von einem erwarten. Arm sein, aber dafür unabhängig. Heimlich verlässt sie die Burg ihres Vaters und versteckt sich in einem Kloster. Ihre Familie sucht wütend nach ihr und will sie unbedingt wieder nach Hause bringen. Doch Klara hat sich entschieden: Sie lässt sich den Kopf kahl scheren und versteckt sich in einer Kirche. So zeigt sie aller Welt: Ich werde als Ordensschwester leben und keiner bringt mich davon ab. Ich werde Franziskus folgen und mit ihm weiterziehen.

Eine selbstbewusste junge Frau – keine Frage. Doch auch eine Frau, bei der mich vieles verstört. Musste sie wirklich so radikal leben, um Gott nah zu sein? Sie konnte zum Beispiel gar nicht aufhören zu fasten. Heute würden wir wohl von Magersucht sprechen. Als Kopfkissen hatte sie nur einen Stein – nichts durfte bequem für sie sein. Sie wollte so arm und bescheiden leben, wie nur irgend möglich.

Mich beeindruckt an Klara, dass sie viele neue Ideen in die Welt der Klöster gebracht hat. Damals kreisten viele Ordensleute um sich selbst. Es gab reiche Klöster, in denen sich die Mönche bedienen ließen. Klara forderte von allen ein armes und bescheidenes Leben. Sie packte selbst mit an und sorgte sich um andere. Sie war die erste Frau, die für ihren Orden eigene Regeln verfasst hat. Darin heißt es zum Beispiel, dass sich die Ordensschwestern jede Woche besprechen und ihre eigenen Entscheidungen treffen sollen. Hier war sie sehr demokratisch und fortschrittlich. Bis heute lebt der Orden der Klarissen nach diesen Regeln.

Franziskus aus Assisi hat mutig einen neuen Weg eingeschlagen. Klara ist diesem Weg auf ihre Weise gefolgt – als selbstbewusste Frau und Ordensgründerin. Heute ist ihr Gedenktag. Sie ist für mich ein Beispiel dafür, was es heißt, sein Schicksal selbst in den Hand zu nehmen.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18142
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