SWR4 Abendgedanken

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Schwester Marietta ist Küchenschwester. Das heißt: Sie ist diejenige, die seit über 30 Jahren jeden Tag in der Klosterküche steht und für die Mitschwestern kocht.

Und das sind heute rund 20 Schwestern im  Benediktinerinnenkloster Kellenried. Es liegt in der Nähe vom Bodensee, in Oberschwaben. Und die Schwestern verbringen hier das ganze Leben. Also, nach dem Eintritt ins Kloster bleiben sie immer dort. Ich kann mir das nicht so gut vorstellen. Den ganzen Tag im Kloster, ein Leben lang?

Schwester Marietta wollte ursprünglich gerne Schneiderin werden, wie sie mir erzählt. Aber in der Küche wurde jemand gebraucht als sie neu ins Kloster kam und das ist jetzt schon viele Jahre her. „Und ich bereue es keine Sekunde“, sagt sie und strahlt mich an. Und während sie mit mir redet, kocht sie, natürlich. Heute gibt es schwäbischen Apfelauflauf. Mit Äpfeln aus dem eigenen Garten.

Früher war der Garten viel größer, da waren es auch noch 80 Schwestern, heute haben die Schwestern immerhin noch eigene Äpfel, Zwetschgen und Beeren. Schwester Marietta liebt es in der Küche zu sein. Sie verrät: „Hier habe ich einfach meine Ruhe und kann meinen Gedanken nachhängen oder mit Gott reden“. „Ora et labora“, das ist das Grundrezept für jede Benediktinerin, erzählt sie mir. Beten und arbeiten – und das täglich und stundenlang. „Für mich ist das mein Lebenselixier“, verrät mir Schwester Marietta. „Es ist schön, wenn ich weiß, wo ich hingehöre. Mein Tag ist strukturiert. Wenn die Glocken läuten, lasse ich alles liegen und mache Pause – für Gott. Und diese Unterbrechungen tun einfach gut - jeden Tag“, sagt sie. Ob sie denn nicht manchmal was vermisst, frage ich nach. „Ja“, gesteht sie und ich bohre nach. „Ab und zu hätte ich gerne eine Reise gemacht. In die Südsee oder nach Rom“, träumt sie laut, während sie den Brandteig anrührt. Ihr Gesicht strahlt so viel Wärme aus. Ich glaube, Schwester Marietta vermisst gar nichts. „Die Gemeinschaft hier“, sagt sie, „ist einfach spitze“. Und wenn mal nicht, dann geht sie einfach in die Küche, zwinkert sie mir zu. Sie schüttet den Teig über die Äpfel in die Pfanne und ab in den Ofen damit. Der Apfelauflauf duftet schon als sich alle Schwestern im Oratorium, im Gebetsraum zum Mittagsgebet treffen. Aber jetzt ist der liebe Gott dran und der Apfelauflauf brutzelt im Ofen alleine weiter. Beim letzten Gong läuft sie auch schon wieder in die Küche und serviert den Schwestern den Auflauf im Speisesaal. Er ist das Lieblingsessen der Schwestern in Kellenried. Gesegnete Mahlzeit!

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https://www.kirche-im-swr.de/?m=18067
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