SWR2 Wort zum Tag

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Es wurde viel gesagt und geschrieben über Fußball in den letzten Wochen, meistens natürlich von Sportreportern. Da lohnt sich ein Blick abseits der großen Zeitungen und bekannten Online-Portale, etwa was Theologen und Philosophen über die Weltmeisterschaft zu sagen haben. Vertreter der Stiftung Weltethos etwa haben darauf hingewiesen, dass das globale Turnier den befürchteten Kampf der Kulturen zivilisiert und ihn zum friedlichen Wettbewerb unter gemeinsamen Regeln macht. Alle unterwerfen sich diesen selben Regeln und Prinzipien, z.T. sogar den selben Werten wie Fairplay und multikultureller Toleranz. Außerdem seien Teams mit multinationaler Erfahrung den national begrenzten Teams überlegen – ein Hinweis auf die positiven Seiten der Globalisierung. Diese Mannschaften seien nämlich offener, dynamischer und verfügten über mehr Erfahrungen und Fähigkeiten. Vielfalt, so das Fazit, ist gut für die Team-Leistung. Den Hinweis, dass die Milliarden Zuschauer auf der ganzen Welt Teil einer „Übung in Weltbürgerschaft“ sind, kann ich bestätigen, wenn ich auf die Beiträge in Facebook und anderen sozialen Netzwerken sehe. Überall auf der Welt wurde mitgefiebert, wurden Sympathien verteilt, Meinungen ausgetauscht, diskutiert und alle hatten Teil am gleichen Geschehen.

Der Philosoph Christoph Quarch weißt in einem Gastbeitrag darauf hin, dass es dem Fußball während der WM gelungen ist, länderübergreifend, kulturübergreifend, religionsübergreifend die Aufmerksamkeit der Menschheit auf sich zu lenken – etwas, was kein noch so mächtiger Mensch je schaffen wird. Er spricht sogar von der „einzigen wirkliche Ausdrucksform globaler Kultur, die die Menschheit bislang zutage gefördert hat“. Quarch weißt auch auf die Einfachheit des Fußballspiels hin, dessen Regeln schnell verstanden sind und das jedes Straßenkind der Welt spielen kann, weil es wenig mehr braucht als eben einen Ball und Leute, die mitspielen. Ihm zufolge scheitern alle Versuche, den Fußball nur noch dem großen Geld und der Ökonomie unterzuordnen, denn er behält hartnäckig den Charakter des Spiels, das mit Leidenschaft verfolgt doch immer etwas von seiner Nutz-Losigkeit behält und trotz Dramen und Tragödien am Ende eben doch nur ein Spiel ist. Mir zumindest wird mir das immer wieder klar, wenn der Abpfiff ertönt ist und das „normale“ Leben wieder weitergeht. Vorher kann ich dem Herzinfarkt nahe sein, kreischen und mir die Haare raufen, nirgends schöner als im Stadion oder beim Public Viewing.

Ist das nicht eine wunderbare Vereinigung von eigener Identität und und weltweiter Verbundenheit – wenn wir für unsere eigenen Nationalteams die Daumen drücken und gleichzeitig wir die Leistungen der anderen Teams aus anderen Teilen der Welt würdigen? Dabei ist in fast allen nationalen Mannschaften zu sehen, dass die Grenzen von Nation, Rasse und Kultur immer durchlässiger werden. Die Welt wächst zusammen durch Fußball– himmlisch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18001
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