Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Wir trauen den Schwachen wenig zu. Und den Armen im Geist noch weniger.
Jesus sieht das anders.
Am Beginn seiner Bergpredigt sagt er: Selig sind die Armen im Geist. Ihnen blüht das Himmelreich.
Ich habe vor einigen Jahren in einer Schule für Behinderte die Konfirmanden unterrichtet. Viele der Kinder sind mehrfach behindert gewesen. Zu den körperlichen Schwierigkeiten kamen oft noch geistige Unzulänglichkeiten. Und so brauchten einige eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Aber auch: Was für eine Dankbarkeit, wenn man sich ihnen zugewendet hat, mit ihnen gesprochen, sie umarmt, gestreichelt hat.
Wir sind in der Zeit vor Ostern mit einem der Kurse in eine Freizeit gefahren. Vier Tage im Hunsrück. Was würde alles passieren? Würde es gut gehen? Einer der Konfirmanden, Hans, konnte nicht sprechen. Aber er hat mich immer sehr gut verstanden. Und er antwortete mit Klicklauten. - hieß Ja. - - Nein. Und Yvonne hatte einen offenen Rücken, lag also stets auf einem Kissen auf dem Bauch und ich hatte noch nie bemerkt, dass sie mit einem der anderen Konfirmanden Kontakt hatte. Wie gesagt, es war die Zeit vor Ostern.
Und so zeigte ich einige Dias zu Passion und Ostern aus Kees de Korts´Kinderbibel.
Darunter auch ein Bild von der Kreuzigung Jesu. Als Hans das gesehen hat, hat er zu weinen begonnen. Sein Vater ist ja vor kurzem gestorben, fiel mir ein. Was hatte ich da angerührt...Neben ihm lag auf ihrem Kissen Yvonne. Und plötzlich sahen wir, dass ihre kleine Hand sich ganz langsam und furchtbar mühsam auf die Hand von Hans zubewegt hat. Und dann hat sie ihn gestreichelt. Sanft und behutsam. Alle Betreuerinnen und auch ich, wir haben zu weinen begonnen. Wir konnten nicht anders. Vor Rührung und Verwunderung.
Und ich gebe Jesus recht:
Selig sind die Armen im Geist. Ihnen blüht das Himmelreich. Die Mitfühlenden tragen den Himmel in sich.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.

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