SWR2 Wort zum Tag

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Wie ist Gott? Wie verhält er sich zum Menschen? Das ist eine der Hauptfragen der Bibel. Und die biblischen Erzähler versuchen in einer ganzen Reihe von Geschichten und Bildern diese Frage zu beantworten. Besonders schön ist das Bild des Winzers. Gott ist der Winzer und wir, die Menschen sind der Weinberg, so nachzulesen beim Propheten Jesaia (Jes 5). Für mich als Mensch von Rhein und Mosel ist das gut nachzuvollziehen. Wenn ich auf unsere steilen Weinberge sehe, nicht nur von unten, sondern mir auch mal die Arbeit mache und in die Weinberg hinein gehe, dann merke ich, wie viel Arbeit so ein Winzer hat. Wie er sich um den Weinberg kümmern muss, damit da ein vernünftiger Wein wächst. Pflanzen, Schneiden, Binden, Aufgraben, Ausgeizen, Düngen, Spritzen und was da alles bei Hitze und Kälte, Sonnenschein und Regenwetter geschafft werden muss. Bevor etwas Gutes geerntet werden kann.

Und so also ist Gott, er kümmert sich um uns Menschen. Das ist die Erfahrung der Bibel. Aber - und das ist auch ausgesagt in dieser Bibelstelle bei Jesaia - Gott will, dass was Gutes dabei herauskommt, dass wir – um im Bild zu bleiben - gute Früchte hervorbringen. Damals bei Jesaia vor mehr als 2500 Jahren, war das nämlich nicht so. Der Prophet beklagt sich darüber, dass das Volk keine süßen Trauben, sondern nur saure Beeren hervorbringt. Und er sagt auch deutlich, worin die sauren Beeren bestehen: Es herrscht Ungerechtigkeit im Volk. Die Starken schützen die Schwachen nicht, die Rechte der Witwen, Waisen und Fremden werden nicht geachtet, überall soziale Ungerechtigkeit.

Ob wir heute vor Gott viel besser dastehen, als das Volk Israel damals? Das bezweifle ich. Ein Blick in die globalisierte Welt, wo man auf der nördlichen Halbkugel im Überfluss lebt und im Süden viele Menschen verhungern, sagt genug. Auch der Blick in unsere deutsche Gesellschaft, wo die Schere zwischen reich und arm ziemlich auseinander klafft, spricht nicht unbedingt für soziale Gerechtigkeit.

Und wie geht Gott damit um, heute im Jahr 2014? Ich glaube, dass er sich noch immer nicht mit der Ungerechtigkeit auf der Welt abgefunden hat, genau wie damals. Aber ich hoffe auch, dass er noch immer ein geduldiger Winzer ist, der sich trotz allem um uns sorgt. Der die Hoffnung nicht aufgibt, dass wir Menschen auch gute Früchte, süße Trauben, hervorbringen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17912
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