SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Ich gehe nicht weg, ich bleibe. So reden Menschen, die eine Hoffnung haben. Sie bleiben in einer schwierigen Beziehung: Es wird einen neuen Anfang geben.Sie halten es aus in einem Krisengebiet: Mein Bleiben hilft den Opfern. Sie alle hoffen, dass sich noch etwas zum Guten verändern wird. Sie alle sehen etwas Neues, das noch nicht da ist.
So hat es ein christliches Ehepaar in Papua-Neuguinea erlebt. Sie wohnten dort in einem Dorf, um eine medizinische Versorgung aufzubauen und die Bibel in die Landessprache zu übersetzen. Ein Kind wurde ihnen geboren. Wie haben sie sich gefreut. Wie haben die Einheimischen Kinder das kleine, weiße Baby bestaunt. Und dann ist das Kind an einer Infektion gestorben. Die Dorfbewohner schauten zu, wie der Vater den Sarg zimmerte. Einer fragt: Dein Sohn ist tot. Werdet ihr nun fortgehen? Nein, antwortet der Vater des Kindes, wir bleiben hier. Aber ihr werdet bei uns vielleicht auch noch krank werden und sterben! Da machen wir uns keine Sorge. Wir sind in Gottes Hand, genau wie unser Kind.
Nach längerem Schweigen sagte der Einheimische: Was seid ihr für seltsame Menschen! Ihr fürchtet den Tod nicht, und ihr könnt durch den Horizont sehen!
Ja, sagte der Arzt, wir können durch den Horizont sehen. Und als er das sagt, fällt ihm ein: in der Papua-Sprache gibt es kein Wort für Hoffnung.
Aber das ist ein gutes Wort für Hoffnung: Durch den Horizont sehen. Dorthin zu sehen, wo es keinen Tod gibt, keine Krankheit, keine Schmerzen, kein Elend.
Mir hilft dieses Bild. Ich bin ja auch eher darauf gepolt, von hoffnungslosen Fällen oder Zuständen zu reden. Ich sehe die Lage in Syrien, in Nigeria oder Israel und denke: Es ist aussichtslos. Ohne Aussicht auf Besserung, auf Frieden. Und genau diese Mauer, diesen Horizont durchbricht die Hoffnung. Sie lässt mich eine Wirklichkeit sehen, in der Menschen im Frieden leben. In der Kranke geheilt, Schwache gestärkt und Tote lebendig gemacht werden. In der alles das geschieht, was mit dem Namen Jesus verbunden ist: Gott rettet und verändert.
Hoffnung ist in gewisser Weise ein Experiment mit der Zukunft. Ich tue für einen Moment so, als ob Gott Gegenwart wäre. Das macht mir Mut, zu bleiben, weiterzumachen. Jeder Handgriff, jedes Wort, jeder noch so kleine Einsatz für das Leben macht Sinn. Denn für andere wirst du dann selber zum Zeichen der Hoffnung.

Ein gutes Wort für Hoffnung: Durch den Horizont sehen. Dorthin zu sehen, wo es keinen Tod gibt, keine Krankheit, kein Elend

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