SWR3 Gedanken

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Alles dreht sich zurzeit um Rio: Die bunte Welt des Fußballs steht dabei in krassem Gegensatz zu den herunter gekommenen Armenvierteln, den Favelas.

Vor ein paar Jahren wurde die Idee geboren, die tristen Hütten bunt anzumalen. „Haas & Hahn“, so nennen sich zwei niederländische Künstler. Sie sind seitdem immer wieder nach Rio gereist. Im Gepäck hatten sie kreative Ideen und viel Farbe. Bei jedem Aufenthalt wurden die Favelas etwas bunter: Erst waren es Wandbilder, dann ein Bodenbild entlang einer langen Treppe und schließlich haben sie ganze Häuserblockfassaden bemalt. Der Clou dabei: Jugendliche aus den Favelas haben selbst mit angepackt und pinselten unter der Regie von „Haas & Hahn“.

Auf den ersten Blick alles ok. Schaut man aber hinter die bunten Fassaden, dann bleibt einiges faul: Die Künstler arbeiten eng mit einem weltweit führenden Lacke- und Farbenhersteller zusammen, ebenfalls aus den Niederlanden. Die haben zwar die Farben spendiert, freuen sich aber gleichzeitig über die gute PR im Jahr der WM und zwei Jahre vor Olympia.

Man könnte dagegen halten: Na und? Eine klassische Win-Win-Situation. Aber für mich hat das Anstreichen der Hütten etwas zu tun mit „übertünchen“. Oder auch „außen hui, innen pfui“. Fast schon zynisch, die Idee mit den kostenlosen Farbeimern. Gegen die wahren Ursachen der Not in den Favelas tun die Politiker und Geschäftsleute nämlich wenig. Schlimmer noch: vor der WM wurden ganze Favelas vom Militär besetzt, um die politische Sprengkraft irgendwie unterm Deckel zu halten.

Der Gedanke mit dem Übertünchen ist übrigens nicht ganz neu. Schon in den 50er Jahren hatte jemand die Idee. Damals ist sie im Sande verlaufen. Aber aus dieser Zeit stammt ein Liedtext, der auch heute noch passt. Da heißt es zu einer melancholischen Bossa-Nova-Melodie: „Ironie des Lebens: einfach ein bisschen Farbe in die Favela, und schon strahlt das Elend hell.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17835
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