SWR2 Wort zum Tag

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Ingmar Bergman war einer der großen Theater- und Filmregisseure des 20. Jahrhunderts. Er lebte von 1918 bis 2007. Vor kurzem wurde aus seinem Spätwerk erneut der Film „Die Treulosen“ im Fernsehen ausgestrahlt.

Die zentrale Figur darin ist ein alter Mann – Bergman mit Namen – der eine Lebensgeschichte ersinnt und aufschreibt. Es ist die Lebensbeichte einer Frau, die in ihm einen Menschen gefunden hat, dem sie ihr ganzes Leben erzählen kann, weil er zuhört. Als junge Schauspielerin war sie glücklich mit ihrem Mann, einem erfolgreichen Dirigenten, und mit ihrer Tochter. Wie im Spiel beginnt sie ein Verhältnis zu einem Kollegen. Und nun beginnt wie grundlos eine Bewegung, in der glücklich liebende und geliebte Menschen als treulose zu Tage treten und ihre Beziehungen zerstört werden.

In der Folge zerbricht die Familie der Schauspielerin und zerbricht das Leben aller Beteiligten. Es ist wie wenn ein Spiel die Ausmaße eines Verhängnisses bekommt und wie wenn ein Verhängnis so grundlos seinen Lauf nimmt wie ein Spiel. All das erzählt die Schauspielerin, alt geworden, dem schreibenden Autor. Beide sehnen sich in ihrem Gespräch nach Heilung des zerstörten Lebens, nach Verstehen und Verstanden werden, nach Vergebung über das Ende ihres Lebens hinaus.

Der Erzähler gesteht, dass ihn in dieser Geschichte „die Wirklichkeit auf Tod und Leben“ selbst „eingeholt und stumm gemacht habe“. „Alles kann geschehen, alles ist möglich und wahrscheinlich“.

Der Film klagt nicht an und urteilt nicht. Er folgt einfühlsam den Lebensgeschichten seiner Figuren in ihrer Tragik bis zum Ende. Er lässt ihnen ihre Rätsel, ist in allen Höhen und Tiefen wie ein aufmerksamer, teilnehmender, ja mitleidender Zuhörer.

Ingmar Bergman hat wohl auch in diesem Film nach dem Bild eines anderen Gottes gesucht, der nicht straft und die Rätsel eines menschlichen Lebens nicht auflöst, so dass am Ende gesagt werden könnte, was richtig und was falsch ist. Der alte Mann, der eine Geschichte von Schuld und Scheitern aufschreibt, hört sie an und bezieht sich zugleich selber mit ein. Er wird Teil dieser Geschichte, die einen Menschen mit seinem Leben, so wie es geworden ist, aufnimmt, liebevoll, geradezu zärtlich, in eine unbedingte Vergebung hinein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17827
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