SWR2 Wort zum Tag

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Edith Raidt

20 Jahre sind vergangen, seit in Südafrika das menschenverachtende Apartheidsystem zu Ende gegangen ist. Was dieses Land heute dringend benötigt, sind hoch qualifizierte und ethisch motivierte Führungspersönlichkeiten.

Edith Hildegard Raidt hat sich von dieser Aufgabe herausfordern lassen. Die aus Rottenburg am Neckar stammende Ordensschwester gründete 1997 in Johannesburg das St Augustine College, die bis heute einzige katholische Hochschule im südlichen Afrika. 64 Jahre alt war Edith Raidt damals. Sie startete, wie sie heute lachend erzählt, „mit absolut nichts, ohne Land, ohne Gebäude, ohne Geld, aber mit Gottvertrauen“. Weltweit haben Menschen die Hochschule unterstützt. Vor allem war Edith Raidt als Gründungsrektorin erstaunlich durchsetzungsfähig. So wurde aus dem unscheinbaren Start eine Erfolgsgeschichte. Hunderte Masterabsolventen und promovierte Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen sind seither aus dieser Hochschule hervorgegangen. Zum Konzept gehört auch, dass der Priesternachwuchs qualifiziert ausgebildet wird. „Wir brauchen dringend eine Theologie in Afrika und für Afrika, eine afrikanische Theologie“, betont Edith Raidt. Wie sonst kann die Kirche auf dem schwarzen Kontinent mit seinen zahllosen Sprachen und Kulturen Wurzeln schlagen?

 Ihr Wirken am St Augustine College ist das dritte wissenschaftliche Leben von Edith Raidt. Ursprünglich wollte sie ja Modezeichnerin werden. Aber unmittelbar nach der Gesellenprüfung – das war 1952 – trat sie in die Schwesterngemeinschaft ein und wurde nach Südafrika entsandt. 15 Jahre lang lehrte sie an der Johannesburger Universität als international renommierte Professorin für Afrikaans, damals die zweite Landessprache Südafrikas. Später gründete sie ein Institut für christliches Unternehmensmanagement und war in diesem Bereich eine sehr produktive Autorin. Aber Edith Raidt ist nicht nur Wissenschaftlerin und erfolgreiche Hochschulpolitikerin, sie ist auch ein spiritueller Mensch. Die Marienverehrung, die in ihrer Gemeinschaft ein besonderes Gewicht hat, ist für sie keine spezielle Nischenfrömmigkeit. Sie drängt vielmehr zu der Frage, wie in einer von Männern dominierten Kirche das Weibliche viel mehr zur gestaltenden Kraft werden kann.

 Vor fünf Jahren hat sie die Leitung ihrer Johannesburger Hochschule in jüngere Hände gelegt. „So lange Kraft und Gesundheit reichen“, sagte die damals 76-Jährige, wolle sie sich für die Zukunft der Menschen in Südafrika einsetzen. Sie tut es bis heute.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17774
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