SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Sie sind schon toll – diese Feiertage donnerstags im Frühsommer: Vor Pfingsten Christi Himmelfahrt und – morgen ist Fronleichnam.
Aber worum geht es eigentlich am Fronleichnamsfest, dem wir diesen freien Tag verdanken? Keine Ahnung – da zuckt so mancher ratlos mit den Schultern. Besonders hier in der Großstadt, in Stuttgart, wo ich lebe.
In ländlichen Gegenden mit überwiegend katholischer Tradition ist das noch ganz anders, da wird das Fest oft groß gefeiert. Dort ziehen farbenfrohe Prozessionen durch die Straßen. Viele volkstümliche Bräuche sind da im Laufe der Zeit eingeflossen, denn das Fronleichnamsfest gibt es schon seit dem 13. Jahrhundert!

Der Sinn des Festes ist für Menschen, die keinen Bezug zum katholischen Glauben haben, schwer zu verstehen. Schon der Name Fronleichnam klingt merkwürdig.
Als Kinder konnten wir den Namen gar nicht richtig aussprechen. „Wir feiern das Fest des heiligen Brotes“, hat man uns damals erklärt.
Ein ganz besonderes Brot steht im Mittelpunkt, nämlich das, welches Jesus beim letzten Abendmahl vor seinem Tod mit seinen Freundinnen und Freunden geteilt hat, damit sie sich später an ihn erinnern. Er ist bei ihnen, wenn sie dieses Brot zu seinem Gedenken miteinander essen. Und das geschieht nach dem katholischen Glauben in jedem Gottesdienst. „Fronleichnam“ - das heißt übersetzt „Leib des Herrn“.
Dieses  besondere Brot wird durch die Straßen, zu den Menschen getragen in einem prächtigen Gefäß, damit sie es sehen und verehren können.

Für mich war das Fronleichnamfest in meiner Kindheit in Leipzig etwas ganz besonderes. Der Tag war kein gesetzlicher Feiertag, aber es gab eine gemeinsame Fronleichnamsprozession für alle katholischen Gemeinden auf dem Gelände der Pferderennbahn. Und ich bekam schulfrei, zusammen mit noch einem katholischen Jungen aus meiner Klasse. Meine drei evangelischen Mitschüler nicht, was ich sehr schade fand. Warum konnten wir in der atheistisch geprägten Umgebung nicht zusammen feiern?

Heute schließen sich mancherorts evangelische Christen der Fronleichnamsprozession an. Als Zeichen, dass wir gemeinsam unterwegs sind auf dem Weg des Glaubens. Denn wir gehören zusammen - das wird bei ökumenischen Gesprächen immer wieder betont. Und deshalb bin ich wie viele ungeduldig, wenn es um ein gemeinsames Abendmahl aller Christen geht, das offiziell immer noch nicht möglich ist.

Viele Menschen leiden darunter, besonders auch wenn katholische und evangelische Christen miteinander verheiratet sind. Andere handhaben es mit dem Abendmahl so, wie sie es für richtig erachten. Papst Franziskus weiß das. Er  hat gesagt, dass er bereit sei Fenster und Türen zu öffnen, damit neue Wege möglich sind. Das stimmt mich hoffnungsfroh.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17757
weiterlesen...