Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Gestern ist sie richtig toll gestartet, die Fußballweltmeisterschaft der Männer in Brasilien. Gut vier Wochen lang gibt’s jetzt Bilder aus diesem wunderbaren Land. Einem Land voller Gegensätze. Vor allem zwischen Armut und Reichtum, zwischen Wohlstand und Elend.

Vor knapp einem Jahr hat Papst Franziskus Brasilien besucht. Er kam zum Weltjugendtag, feierte Gottesdienste, sprach mit Politikern – und besuchte das Armenviertel Varginha. Eine von vielen Favelas, Armensiedlungen am Rande der Großstadt. Heimat für etwa tausend Familien. Sie wohnen hier in meist selbstgebauten Hütten und Häusern. Eingezwängt zwischen zwei stinkenden Wasserkanälen und einer Straße auf der sich Polizei und Drogendealer Schlachten liefern.

Ich finde bemerkenswert, was der Papst in der Favela gesagt hat. Er hat erstmal nicht über Not und Elend gesprochen, sondern über das, was die Menschen in den Armenvierteln zu bieten haben: Sie teilen das wenige, was sie haben, sie sind solidarisch miteinander. Der Papst hat von einer Lektion gesprochen. Die Armen erteilen den Reichen und Wohlhabenden ein Lektion. Sie machen deutlich, dass das Leben mehr ist, als Geld, Konsum und Luxus. Und dann sagte Papst Franziskus einen Satz, der mich nicht loslässt: „Der Maßstab für die Größe einer Gesellschaft liegt in der Art, wie sie die behandelt, die am meisten Not leiden, diejenigen, die nichts besitzen als ihre Armut!“ Dieser Satz kehrt das Denken um. Denn die Maßstäbe für unsere Gesellschaft sind doch andere: Wachstum, Macht, Wohlstand, Bruttosozialprodukt.

Unbestritten: Damit geht es vielen bei uns gut. Und das ist auch gut. Aber andererseits geraten dadurch auch viele Menschen aus dem Blick. Die, die zu Wachstum und Wohlstand eben wenig beitragen können: Kranke, Arme, Kinder, Alte.

Ich halte es mit Papst Franziskus – in Brasilien aber auch bei uns. Ungleichheit, Not und Armut sind ein Skandal in jeder Gesellschaft. Und es darf nicht sein, dass in einer eigentlich reichen Welt, voller Geld und Ideen, Menschen in unwürdigen Verhältnissen leben müssen. Weder in Brasilien noch bei uns.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17740
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