SWR3 Gedanken

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Kinderjauchzen vor meinem Fenster. Ich schaue raus und kann nicht anders als lächeln: Drei Kinder haben mit Kreide Kästchen auf den Gehweg gemalt und spielen das Hüpfspiel Himmel und Hölle.
Sie werfen Steinchen und hüpfen dann los, natürlich immer im Sinn der Spielregel.
Ich habe das als Kind auch gespielt. Sogar meine Mutter ist manchmal mitgehopst, weil sie das noch aus ihrer Kindheit kannte.
Die Hölle hat auch ein Kästchen, aber das muss man überhüpfen. Wer da versehentlich reintritt, muss nochmal ganz von vorn anfangen.
Aber das ist schon die abgemilderte Spielregel, die ich mit meinen Freundinnen damals abgemacht habe. Eigentlich ist sofort draußen, wer in die Hölle hopst. Wenn ich heute darüber nachdenke, finde ich aber, dass wir damit dem Spiel die richtige Grundlage gegeben haben.
Wenn wir schon von Erde, Himmel und Hölle reden und von der menschlichen Anstrengung, alles richtig zu machen, dann muss die Gnade auch einen Platz haben.  Davon lebt schließlich der christliche Glaube: dass wir bei allem Glauben und bei aller Liebe natürlich Fehler machen, immer wieder.  Und dass wir deshalb nicht verstoßen werden, weil Gott sich nicht für Strafe und Rache interessiert, sondern dafür, wozu wir fähig werden, wenn wir an die Kraft der Vergebung glauben.
Anderen vergeben, sich selbst vergeben – das kann aus so mancher zwischenmenschlichen Hölle retten. Es ist gut, dass Gott diese Spielregel hat.
Draußen werden die Kinder lauter. Ich schaue noch mal raus: ein Mädchen stemmt gerade energisch die Arme in die Hüften und erklärt den anderen: „Nee, das ist blöd, wenn Paul jetzt verloren hat, nur weil er mit dem Zeh in die Hölle getreten ist. Ich finde wir ändern die Regel und Paul fängt einfach nochmal von vorne an.“

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