SWR3 Gedanken

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Es war in Budapest, ich war noch Studentin, als ich die wunderschöne Kanne sah: leuchtend gelb; helle, freundliche Töpferware. Mein letzten Euros habe ich zusammengekramt, um sie zu kaufen. Zurück in meiner StudiBude machte ich Tee in dieser wunderschönen Kanne und stellte fest: sie leckt! Eine undichte Teekanne! Na toll. Ich behielt sie trotzdem. Als Zeichen dafür, dass das Leben nun einmal so ist: irgendwas ist immer, ist kaputt, nicht dicht, hat Risse, Sprünge…
Es war einmal ein Wasserträger. Der hatte zwei Krüge mit denen er Wasser holte, dann trug er sie, je ein Krug auf jeder Seite. Nun hatte aber einer der beiden Krüge einen Sprung und verlor die Hälfte seines Wassers auf der Strecke. Nach ein paar Jahren, der Wasserkrug war derart beschämt, dass er sich an den Wasserträger wendete: „Entschuldige, dass ich immer so viel Wasser verliere, ich bin einfach zu nichts nütze.“ Der Wasserträger sah den Wasserkrug von der Seite an: „Ich muss noch mal Wasser holen; erfreu dich an den schönen Blumen, die am Wegesrand stehen“, riet er ihm. Aber wieder verlor der Wasserkrug die Hälfte seines Wassers: „Ja, schöne Blumen, aber du schleppst und schleppst und ich kann dir nicht helfen.“ Da setzte sich der Wasserträger zu seinem Krug und sagte ihm: „Natürlich weiß ich, dass du Wasser verlierst, aber als ich das sah, habe ich Blumensamen am Straßenrand gestreut und immer, wenn du Wasser verloren hast, hast du die Samen gegossen. Sie sind aufgegangen und seither blühen sie. Jedes Mal wenn ich die Straße langgehe, freue ich mich.“
Wir sind wie der Krug, irgendwas ist immer, ist kaputt, nicht dicht, hat Risse und Sprünge. Und Gott ist wie der Wasserträger unserer Geschichte, er macht das Beste draus, streut Samen aus, sodass trotz unserer Fehler und Unzulänglichkeiten Blumen daraus erwachsen können.

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