SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Vom Fenster aus alles übersehen und möglichst nicht selbst gesehen werden. Das gefällt vielen. Das war schon immer so.  Davon erzählt eine Geschichte der Bibel.
Sie handelt von dem reichen Oberzöllner Zachäus. Eigentlich mussten alle zu ihm aufblicken. Er beherrschte die Leute in seiner Gegend. Er nahm sie aus. Er kollaborierte mit den Römern, den Besatzern in Israel zurzeit von Jesus. Aber als eines Tages die Leute zusammengeströmt sind, um Jesus zu sehen, der vorbeikommen sollte, haben sie keine Rücksicht auf Zachäus genommen, den klein gewachsenen, reichen Oberzöllner. Und weil er nicht über die anderen hinwegsehen konnte, ist er ihnen vorausgelaufen und auf einen Maulbeerbaum geklettert. Hinter den großen Blättern war er so gut wie nicht zu sehen. Dafür hatte er den Überblick.
Sehen, aber nicht gesehen werden. Diese Gleichung ging damals nicht auf. Als Jesus unter dem Baum vorübergekommen ist, hat er nach oben gesehen und Zachäus mit Namen angesprochen. Er hat ihn aufgefordert, schnell herunter zu kommen, weil er an diesem Tag bei ihm einkehren wollte. Dem Oberzöllner Zachäus ist das nicht peinlich gewesen, dass er vor allen Leuten in seinem Versteck entdeckt worden ist. Er ist schnell heruntergestiegen  und hat Jesus freudig aufgenommen. Und das hat sein Leben verändert. Er hat das Ergaunerte zurückgegeben und Armen von seinem Vermögen abgegeben. Ausgelöst hat das seine Begegnung mit Jesus. Der hat ihn entdeckt und persönlich mit seinem Namen angeredet, sich bei ihm eingeladen und ihn so genommen, wie er ist.
Ich bin überzeugt, das tut Jesus auch heute noch, manchmal verborgen, manchmal durch andere Menschen. Vor ihm brauche ich mich nicht zu verstecken. Und wenn er mich anspricht, brauche ich mich nicht zu schämen. Er lässt mich spüren, dass er mich nicht verachtet. Im Gegenteil: Ich bin ihm wichtig. So wie der kleine Zachäus, den niemand leiden konnte, für Jesus wichtig war. Ich hoffe für Sie und für mich, dass es Menschen gibt, die uns das spüren lassen. So wie es Zachäus spüren konnte. Damit wir uns nicht verstecken müssen. Weil wir uns sehen lassen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17683
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