SWR3 Gedanken

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Du sollst dir kein Bild von Gott machen. Diesen Satz haben schon ganze Generationen im Religionsunterricht gelernt, denn so heißt das erste und vielleicht auch das wichtigste der Zehn Gebote in unserer Bibel. Ein Gebot allerdings, dass bei näherem Hinsehen fast unhaltbar erscheint. Denn auch wer sich unter Gott längst nicht mehr den alten Mann mit weißem Rauschebart vorstellt, macht sich trotzdem eine Vorstellung von ihm. Davon nämlich, was sich Gott so denkt, was er will oder auch nicht will und welche Meinung er zu diesem oder jenem ganz sicher hat. So musste Gott schon oft als Erziehungshelfer herhalten. Wenn man uns erzählte, dass Gott unser Verhalten nun ganz und gar nicht gefällt und dass wir uns alle ganz doll lieben müssen, weil Gott das schließlich so von uns verlangt. Natürlich will Gott auch, dass die Frauen ihren Männern untertan und stets zu Diensten sind, weil es ja so in den heiligen Schriften steht. Die so was fordern, wissen halt ganz genau was Gott will. Nicht zuletzt wollte er auch, dass in den christlichen Kreuzzügen des Mittelalters Menschen mit Mord und Terror überzogen wurden. So wie es heute die Dschihadisten tun, weil sie das als Gottes angeblichen Willen ausgemacht haben. Kein Wunder, wenn aufgeklärte Geister sich da angewidert abwenden und diesen angeblich so inhumanen Gott lieber gleich für tot erklären – und sich dabei kurioserweise auch nur wieder ihr eigenes Bild von Gott machen.
Was das alles nun mit Gott selbst zu tun hat? Vermutlich eher wenig. Es macht nur deutlich, dass jede Vorstellung von Gott letztlich menschengemacht ist, ein Bild von ihm. Nicht mehr. Wenn es aber zur Rechtfertigung von Einengung, Unterdrückung oder gar von Mord und Totschlag herhalten muss, dann wird es letztlich zur Vergötzung der eigenen Beschränktheiten. Eine Gotteslästerung und ein Verstoß gegen das erste Gebot: Du sollst dir kein Bild von Gott machen. Der uralte Satz hat es wahrlich in sich!

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