SWR3 Gedanken

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Falls sie gerade im Auto unterwegs sind, werden sie wohl kaum darüber nachdenken, ob sie sich im Moment vielleicht versündigen. Doch Vorsicht, eine Arbeitsgruppe im Vatikan hegt diese Befürchtung. Sündigen im Straßenverkehr durch Rasen, riskantes Überholen oder zu dichtes Auffahren zum Beispiel. Die Kommentare zu dieser Meldung fielen entsprechend aus: Lachnummer. Anmaßung. Die Kirche mal wieder, hat zu allem was zu sagen - und so weiter.
Nun heißt Sündigen im weitesten Sinne, sich ganz bewusst gegen Gott zu stellen, seine Gebote zu missachten. Klar: In der Bibel findet sich nichts über Vorfahrtsregeln, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Sicherheitsabstände. Doch die alten Texte können uns etwas anderes deutlich machen: In Gottes Sinne leben heißt, rücksichtsvoll mit meinen Mitmenschen umzugehen. So also, dass jeder und jedem genug Platz zur Entfaltung und persönlichen Freiheit bleibt. So, dass niemand durch mein Verhalten unnötig bedrängt, gefährdet oder eingeschüchtert wird. Nun richten sich die Mahnungen aus Rom freilich ausschließlich an Gläubige. Als ein Denkanstoß, wie christlicher Glaube auch im banalen Alltag gelebt werden kann.
Schade eigentlich, denn Bedrängen, Gefährden oder Einschüchtern sind im Straßenverkehr eigentlich fast normal. Etwa, wenn der Fahrer des tonnenschweren Geländewagens den Kleinwagen vor sich eher als Behinderung seiner Freiheitsentfaltung ansieht. Oder wenn der adrette Geschäftsmann mit Lichthupe und Auffahren auf die Stoßstange jedem Anderen die ungeheuere Wichtigkeit seiner Termine klar machen muß. Oder wenn der Youngster sein aufgemotztes Auto ohne Rücksicht auf Andere zum Beweis seiner wilden Männlichkeit missbraucht.
Kurios mögen sie ja klingen, die Mahnungen aus dem Vatikan. An eines jedoch erinnern sie mal wieder: Dass auch die Straße kein moralfreier Raum ist, ganz gleich, ob man nun an Gott glaubt oder nicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=1765
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