SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Gerade als Pfarrer sollte man eigentlich ein netter Mensch sein. Aber mir gelingt das nicht immer. Besonders wenn ich im Großraumwagen der Deutschen Bahn sitze. Nicht, dass ich was gegen Handys hätte, ich habe selber ein Smartphone, und bin auch froh drüber, aber was man unterwegs manchmal mitbekommt, ist gnadenlos. Nicht nur, dass man schon nach einer halben Stunde einen hübschen Querschnitt unterschiedlichster Klingeltöne vorgeführt bekommt, richtig heftig wird es erst, wenn gesprochen wird. Bei manchen lautstarken Geschäftstelefonaten möchte man sich bei den Damen und Herren fast entschuldigen, dass man es gewagt hat, einen Platz in ihrem Büro gebucht zu haben. Manche telefonieren, als gehöre der Wagen ihnen. Verschärft sind auch die, die ihrer oder ihrem Liebsten im Viertelstundentakt mitteilen, wann ihr Zug den Zielbahnhof erreicht.

Oder allerliebst sind auch die Hallo-hörst-Du-mich-noch Dramen in Gegenden mit Tunnel und Funkloch. Nein, ich bin in dem Punkt nicht gelassen. Oft bleibt nur ein Kopfhörer mit Walkman oder Bordradio. Was hilfreich ist, kann auch zur Fessel werden. Wie haben wir nur vor der Handyzeit leben können? „Du, ich muss jetzt aufhören“, sagt jemand ins Handy, „ich treff’ Dich gerade“. Ich erinnere mich, dass wir bei unseren Zeltlagern und Radtouren nur im alleräußersten Notfall nach Hause anrufen durften.  

Das können Sie heute in Freizeiten vergessen. Kaum jemand würde seine Kinder ohne Handy mitfahren lassen. Man versichert sich durch Anruf und SMS, auch gegen die eigenen Ängste.  

Das Tempo steigt, und das Vertrauen sinkt. Mobil sein, schnell sein, immer erreichbar. Bis einem irgendwann die Luft ausgeht.  

Die Dinge besitzen, ohne von ihnen besessen zu werden. Darauf kam es schon immer an. in jedem Jahrhundert, auf unterschiedlichste Weise. Das geht einfacher als man denkt. Und sehr praktisch. Auch beim Thema Mobilphone. Es gibt einen kleinen Schalter an den nützlich-nervenden Quälgeistern. Auf ihm steht  „OFF“. Und er funktioniert auch, wenn man nur will. Ihnen allen einen erholsamen Abend und eine gute Nacht,

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