SWR3 Gedanken

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Kann der Tod unterhaltsam sein? Nicht der inszenierte Tod im Fernsehkrimi oder der virtuelle Tod im Computerspiel. Der ganz reale Tod, der gelegentlich mal mitten unter uns ist. Der Bundesverband der deutschen Bestatter scheint davon überzeugt zu sein. Er geht mit einem eigenen Trauerkanal im Satellitenfernsehen bald auf Sendung. Bei EosTV, so heißt der Sender, soll sich alles um Tod, Trauer und Friedhof drehen. Filmische Nachrufe auf Verstorbene wird es dann geben. Daneben Reportagen über fremde Bestattungskulturen und Friedhofsgestaltung. Garniert mit jeder Menge Werbung für Gehhilfen, Treppenlifte, Altenheime und so fort. Ob die Idee tatsächlich funktioniert?
Im Alltag stört der Tod nur, verunsichert, stellt schlimmstenfalls das Lebenskonzept in Frage. Man hält ihn sich lieber vom Leib. In Schulen steigen Eltern schon mal auf die Barrikaden, wenn er im Religionsunterricht thematisiert wird. Parallel dazu steigen die Zahlen so genannter anonymer Bestattungen stark an. Anonym deshalb, weil nicht mal mehr eine Grabstelle übrig bleibt. Der Mensch verschwindet einfach, dezent und unauffällig und nichts stört mehr den geschäftigen Tagesablauf.
Dabei könnte ein gelegentliches Memento mori, eine Erinnerung daran, dass dieses kurze Leben quasi nur ausgeliehen ist, durchaus ein Lebensgewinn sein. Es kann mich zum Beispiel daran erinnern, dass jede Stunde des heutigen Tages unwiederholbar ist. Es kann mich erinnern, dass es vielleicht doch Wichtigeres gibt, als die ständige Jagd nach optimaler Produktivität. Oder es könnte mich daran denken lassen, meine Lebensträume nicht immer wieder aufzuschieben, bis ich irgendwann vielleicht mal Zeit dazu habe. Vielleicht werde ich nämlich genau die nicht mehr bekommen. Das Paradoxe am Tod ist gerade, dass er uns zum Leben animieren kann - auch ohne einen eigenen Trauerkanal.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1763
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