SWR2 Wort zum Tag

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So richtig gelegt hat sich der Schrecken noch immer nicht. Ich meine den Schrecken über das Ausmaß der Ausspähung und Überwachung, das mit dem Kürzel NSA verbunden ist.
Edward Snowden, der das Ganze aufgedeckt hat, ist seitdem auf der Flucht. Ein enger Vertrauter, der Journalist Glenn Greenwald, gab kürzlich einer großen Tageszeitung ein Interview.
„Was halten Sie denn für das Motiv dieser umfassenden Überwachung?“, fragt der Interviewer.  „Für mich ist das Motiv klar“, sagt Greenwald. „Es ist Macht. Je mehr man über die Menschen weiß, die man regiert, desto mehr Macht hat man über sie. Man kann vorhersehen, was die anderen tun, verstehen, was sie tun, oder es sogar stoppen - Sie haben dann eine enorme Kontrolle über sie.“
Mir fiel der Satz ein: Der liebe Gott sieht alles. So hat man früher Kindern gedroht, wenn sie heimlich an der Marmelade naschten oder sonst etwas Unbotmäßiges tun wollten. Seitdem hat sich in manchen Köpfen das Bild eines allwissenden und kontrollierenden Gottes fest-gesetzt.
Ich weiß heute, dass dieses Gottesbild nicht stimmt. Ich bin andererseits aber auch sicher, dass es gut ist, das Monopol darüber, was überhaupt vom Menschen und der Welt gewusst werden kann, Gott zu überlassen. Weil Gott eben kein Kontrolleur ist und keinen Gedanken daran hegt, in der Privatsphäre von Menschen herumzuschnüffeln.
„Ich weiß, welche Gedanken ich über euch habe, Gedanken des Friedens“, heißt es von ihm in der Bibel. Frieden, das ist dort der Begriff für ein Gemeinwesens, in dem Vertrauen und faire Beziehungen zwischen Menschen und Institutionen herrschen.
Dieses Ziel wird verletzt, wenn der Überwachung keine Grenzen gesetzt sind. Denn kein Staat und kein Geheimdienst ist Gott oder göttlich.
Ich finde gut, dass es bereits Überlegungen gibt, Netzwerke zu entwickeln, die nur auf lokaler und regionaler Ebene funktionieren und einen zentralen Zugriff auf private Daten verhindern. Und ich überlege mir selbst, was ich tun kann, um meine Daten nicht freiwillig an Netzwerke auszuliefern, von denen ich nicht weiß, was sie damit an-stellen. Nicht nur für Herzensangelegenheiten ist der gute alte Brief oder die Postkarte sowieso ein besseres Medium als eine elektronische E-Mail.  Und vor allem gilt: das Gespräch unter vier Augen, der Kontakt von Angesicht zu Angesicht, ist durch nichts zu ersetzen.

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