SWR2 Wort zum Tag

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In einem Roman, der demnächst als Film in die Kinos kommt, wird eine unheimliche Zukunft ausgemalt: Jeder Bürger wird mit sechzehn Jahren einem Bestimmungstest unterzogen. Es gibt fünf verschiedene Kategorien von Menschen. In eine davon werden die Jugendlichen eingeteilt.
Da ist die Fraktion der Selbstlosen, der Furchtlosen, der Gelehrten, der Freimütigen und der Friedfertigen. Lässt sich ein junger Mensch nicht zuordnen, dann gilt er dem herrschenden System als „unbestimmt“ und wird eliminiert. Schließlich bedroht er den gesellschaftlichen Zwang zur Vereinheitlichung und Standardisierung.
Ausgedacht hat sich diese Zukunftsvision die amerikanische Autorin Veronica Roth in ihrem Roman „Die Bestimmung“. Sie schrieb ihn im jugendlichen Alter von zwanzig Jahren. Es ist ein Jugendbuch, in dem eine junge Frau engagiert gegen den Uniformitätsdruck der Gesellschaft kämpft.
Die junge Autorin spürt wohl, dass in der Welt, in der sie lebt, etwas nicht richtig läuft. Die Mode bestimmt, was sie anziehen muss. In Casting-Shows wird jungen Mädchen gesagt, wer und was schön ist, und was nicht. In sogenannten sozialen Netzwerken, die oft alles andere als sozial sind, wird abweichendes Verhalten durch Cyber-Mobbing bestraft.
Wie aber lernt jemand, seine eigene Persönlichkeit zu entwickeln? Wie findet jemand die Stärke und das Selbstbewusstsein, sich dem, was alle tun, zu widersetzen? Den Mut, anders zu sein?
Einer der beliebten biblischen Sprüche, die Kindern bei ihrer Taufe mitgegeben wird, lautet: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein.“ Der Satz steht im Buch des Propheten Jesaja und meint: Du bist und bleibst mit deiner Persönlichkeit im tiefsten Grunde ein Geheimnis. Nur Gott selbst weiß, wer du wirklich bist. Niemand hat das Recht, dich in Schubladen zu stecken oder einer Kategorie unterzuordnen. Auch du selbst nicht. Du darfst wachsen und werden zu dem großen Namen, mit dem Gott dich ruft.
Ich finde, ein wunderbarer Gedanke, den gerade auch ältere und lebenserfahrene Menschen an die Jungen weitergeben könnten. Wenn Gott allein weiß, wer ich bin, werde ich doch frei gegenüber allem  Anpassungsdruck. Weil ich mir allein von ihm zeigen lasse, wo und wie mein Weg durchs Leben verlaufen soll. Der ist und bleibt oft rätselhaft. Aber er ist mit der Zusage versehen: „Du bist mein.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17560
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