SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Wenn das eigene Gottvertrauen nicht ausreicht, kann ich auch von den Erfahrungen anderer profitieren.

Erfahrungen sind ein Schatz. Vieles, was wir wissen. Vieles, woran wir uns orientieren - es beruht auf Erfahrung. Bei den alten Bauernregeln ist das so. Die Tage der Eisheiligen, nach denen es wärmer werden soll, sind nur ein Beispiel dafür. Auch Jesus waren solche Regeln vertraut. „Wenn ihr im Westen Wolken aufziehen seht“, sagt er einmal, „dann wisst ihr: Es gibt Regen!“ (Lukas 12,54)
Dass Erfahrungen hilfreich sind, das ist nicht nur beim Wetter so. Auf Erfahrung kommt es auch an, wenn es um die tragenden Grundlagen unseres Lebens geht. Bei der Frage nach dem, was wirklich zählt im Leben. Der knappste und für mich stärkste Satz steht beim Propheten Jesaja. Er lautet lapidar: „Glaubt ihr nicht, dann bleibt ihr nicht!“ (Jesaja 7,9) Im Hintergrund steht damals die militärische Bedrohung des kleinen Königsreichs Juda durch seine übermächtigen Nachbarn. Aber der kurze Satz hat etwas Grundsätzliches. Er beschreibt eine Ur-Erfahrung. Die lautet: Alle noch so exakt ausgeklügelten Pläne reichen nicht aus, um meinem Leben Sinn zu verleihen. Es muss immer noch etwas dazukommen. Etwas, das unverfügbar ist. Etwas, das nicht in meiner Hand liegt. Vertrauen muss dazukommen. Das Vertrauen, dass es jemand gut mit mir meint. Das Vertrauen, dass ich das, was mein Leben wertvoll macht, nicht selber garantieren muss. Dass ich meine ganzen Kräfte einsetze, wenn ich etwas erreichen will, das ist das eine. Aber dass sich der Erfolg tatsächlich einstellt, das steht oft auf einem anderen Blatt. Das ist nicht einfach machbar. Das fällt mir manchmal einfach zu.
„Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht!“ Dieser Satz beruht nicht auf einer automatisch wirksamen Erfolgsgarantie. Er beruht immer nur auf Erfahrung. Auf Lebenserfahrung. Und wie bei einer jahrhundertealten Bauernregel gilt auch hier: Das Gottvertrauen muss nicht alleine auf meiner eigenen Erfahrung beruhen. Ich kann hier auch von den Erfahrungen anderer profitieren. Eben wie bei einem Schatz. Wenn mein eigenes Gottvertrauen in sich zusammenbricht und ich mein Leben nicht mehr im Griff habe - dann ist es gut, wenn die Erfahrungen anderer meinen eigenen Lebensmut stärken. Wenn ich sehe, dass ein anderer es trotzdem irgendwie geschafft hat. Und die Hoffnung nicht aufgegeben hat. Selbst dann, als es eigentlich nichts mehr zum Hoffen gab. Das kann mich tragen. Zumindest solange, bis ich mir wieder eigenes Gottvertrauen zuwächst – dank neuer guter Erfahrungen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17557
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