SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Maria zu lieben, ist allzeit mein Sinn“ - solche Liedverse sind mir aus der Jugend vertraut. Mit Blumen übersäte Marienaltäre kommen mir vors innere Auge, der Besuch der täglichen Maiandachten war durchaus attraktiv, und das „Wunderschön Prächtige“ wurde ergriffen gesungen.  An manchen Orten ist das auch heute noch so. Aber im ganzen hat sich doch eine Art Klimawandel in der Marienverehrung vollzogen. Natürlich wird der Mutter Jesu auch in diesem Jahr kräftig gedacht, der Maimonat gehört Maria. Aber alles ist nüchterner, weniger überschwänglich, viel weniger ausgeschmückt. Nicht mehr die Himmelskönigin steht im Blick, sondern die Frau aus dem Volke, die kleine Mirijam aus Nazaret. Es scheint, als wäre die Marienfrömmigkeit gegenwärtig wieder so nüchtern wie zu neutestamentlichen Zeiten. Historisch wissen wir ja recht wenig von der Mutter Jesu. Eine der ältesten Überlieferungen ist eher befremdlich. Im Markusevangelium wird  erzählt, wie Maria zu Jesus kommt, zusammen mit seinen Geschwistern. Die wollen ihn sprechen, eine Art  Überfall  unter Verwandten sozusagen. Aber Jesus, so wird erzählt, ist  bei der Arbeit,  im Kreis seiner Jünger führt er Glaubensgespräche. Er lässt seine Verwandten, auch Maria, einfach abblitzen. „Wer sind meine Mutter, wer sind meine Brüder?“, fragt er in die Runde – und natürlich unsereinen, der das liest und hört.  Als ob die Leute nicht wüssten, wer seine Mutter ist. Aber Jesus verweist auf jene, die ihm glauben und folgen.  Die sind ihm Mutter, Brüder und Schwestern, die sind  seine richtigen Verwandten. Die Angehörigen Jesu, Maria eingeschlossen, sind natürlich schockiert; verrückt ist er, sagen sie, von einem bösen Geist besessen.  (vgl Mk 3,31-35)

 Maria wird im Neuen  Testament hochgelobt und seliggepriesen, aber nicht  als biologische Mutter Jesu, sondern als beispielhaft Glaubende. Durch dick und dünn folgt sie ihrem Sohn, und so ist  es Jüngerart von Anfang. ( „Mir geschehe nach deinem Wort“ (Lk 1,38), diese Antwort Marias an den Verkündigungsengel ist die Kurzfassung ihrer Spiritualität  - genau der Vaterunser-Bitte entsprechend.) Dabei lässt sich ahnen, dass der Sohn Marias eher ein schwieriges Kind war,( jedenfalls ziemlich verhaltensauffällig) – für Eltern ziemlich herausfordernd, und für Glaubende nicht minder. Im Lichte seines späteren provokanten Wirkens in der Öffentlichkeit, das schließlich gar zur Kreuzigung führte, erzählen die alten Überlieferungen vom zwölfjährigen Jesus schon, wie er eigene Wege ging und es seinen Eltern schwer machte. Aber Maria steht offenkundig  treu zu ihrem Sohn, noch und gerade unter dem Kreuz ist sie zu finden. (Offenkundig gehört sie nach Ostern zur Urgemeinde in Jerusalem , sie ist Pfingsten bei den Jüngern. Solche Marien-Bilder der Bibel  kreisen alle um denselben einen Punkt: Maria ist die beispielhaft Glaubende, sie ist die gott-empfängliche Jüdin, nicht studiert, nicht aus priesterlichen oder prophetischen Verhältnissen, einfach und unbekannt, aber erwählt im Geheimnis Gottes.) Spätere Zeiten werden sagen, sie ist der Urtyp des Glaubenden, die Mutter aller Glaubenden, die Mutter Kirche sozusagen in Person. Sie öffnet sich dem Willen und Wirken Gottes, sie lasst Gott selbst zur Welt kommen im eigenen Leib und Leben. Deshalb ist sie  hoch zu schätzen, ja zu lieben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17492
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