Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Auch wenn es das Wort „Gesundung“ nicht gibt: Das Gegenteil von Kränkung ist, sich gegenseitig zu ermutigen und wohlzutun.
Kränkungen können krank machen. Wenn ich mir zum Beispiel Mühe mit einer Arbeit gemacht habe, und dann kommt jemand, der tut so, als wäre das sein Werk. Oder eine Beleidigung, wenn sie jemand über mich lustig macht.
Eine echte Kränkung. Weh tun kann das, oder auch wütend machen. Auch die Botschaft: Du darfst hier nicht  mitmachen, nicht mitspielen. Wenn ein Kind so etwas hört, ist es verletzt, gekränkt. Wenn ich zu oft gekränkt werde, kann das auch krank machen, daher kommt das Wort wohl. Kränkung in dem Sinne: ich werde krank gemacht. Wenn ich mich nicht wehren kann, wenn ich es in mich hineinfresse.
Oft aber erfahre ich genau das Gegenteil:  Man kann Andere auch „gesunden“. Etwas Gutes tun oder sagen, statt zu kränken. Seltsam nur, dass unsere Sprache dieses Wort nicht kennt. Man sagt zwar „jemand hat mich gekränkt“, aber nicht „ „jemand hat mich gesundet“.
Aber es gibt sie- die Gesundungen, Gott sei Dank, auch wenn wir es nicht so nennen.
Eine Gesundung, das wäre ein gutes Wort an der richtigen Stelle. Eine Ermutigung statt einer Demütigung. Eine kurze Überlegung – wie könntest Du doch noch mitspielen, wie können wir dich doch mitmachen lassen, auch wenn es erst nicht zu passen scheint. Viele kleine Gesten dieser Art machen einen kranken Menschen zwar nicht gesund, aber können doch ganz schön viel: Sie können einer Verletzung  etwas Heilsames entgegensetzen. Oder einfach Zuversicht und Wertschätzung vermitteln.
„Das hast Du wirklich gut gemacht!“ Hörte ich einen Vater zu seiner Tochter sagen, als die langsam und mit Mühe, aber immerhin, ihre Schleife am Schuh zubekommen hat. „Lass mich mal, ich kann das schneller“ – das hätte der Vater auch sagen können, und da wäre ganz schön kränkend gewesen. Stattdessen: eine Ermutigung: Das wird schon, du kannst das schon.
Gesundung, das ist: Den einen Ton, den Satz finden, durch den der Andere sich fähig fühlt, egal, wie fähig oder stark er oder sie gerade ist. Gesundung ist: Da sieht jemand, was ich kann, wie ich mich bemühe. „Was du willst, was Dir andere tun, das tue auch ihnen“, so heißt es in der Bibel. Und wenn mir das gut tut, solche Ermutigung, dann soll ich das sicher auch anderen nicht vorenthalten.
In diesem Sinn: Kränkt Euch nicht – gesundet Euch lieber!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17487
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