Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Dort, wo Frieden herrscht, kann man jeden Tag dankbar dafür sein –und zu seinem Erhalt beitragen.
Heute vor 69 Jahren, am 8. Mai 1945, war das Ende des 2. Weltkriegs. Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht. Eine vernichtende Niederlage.
Heute ist klar: Es war eine Befreiung und hat Frieden auf Dauer möglich gemacht. Jedenfalls hier in Deutschland.
Die Frage nach Krieg und Frieden war damals nichts Theoretisches. Man hat sie nicht im Fernsehen oder im Radio diskutiert. Damals war das hier für alle hautnah, existentiell. Das Schicksal aller Menschen im Land und weit darüber hinaus hing davon ab.
Was das bedeutet, habe ich erst vor kurzem so richtig verstanden.
„Ihr habt Frieden!“ Hat ein junger Mann da zu mir gesagt. Er und seine Familie sind Flüchtlinge aus Ägypten – sie haben fast nichts, haben Heimat und Freunde und Angehörige verlassen müssen. Müssen in einer fremden Sprache ganz von vorne anfangen. Trotzdem strahlen sie. Und wie!
„Ihr habt Frieden!“ Dieser Satz hat mich nicht mehr losgelassen. Manchmal fängt ja schon der Morgen unfriedlich an, da ist Hektik, da ist manchmal Streit zuhause oder auf der Arbeit.
Manchmal ganz banal, ein Missverständnis, ein aufgestauter Ärger. Manchmal nur ein kleiner Riss in der zerbrechlichen Schale Frieden.  Der kann manches zerstören. Ob in Kleinem bei uns zuhause, in meiner Straße – oder im Großen, in den Regionen und Ländern dieser Welt.
Friede ist nicht so einfach zu haben. Wenn ich in den Nachrichten wieder höre, wie sehr Menschen zum Teil unter Kriegen und Gewalt leiden müssen und wo Menschen Angst haben, dann muss ich genau daran denken. Frieden in Syrien, Frieden in der Ukraine, Frieden in Afrika – das ist nicht abstrakt.
Da geht es um Menschen. So wie damals hier bei uns. Und gerade an den komplexen Problemen heute wird deutlich, was für ein beschwerlicher Weg der Frieden ist. Man muss Vorurteile überwinden, sich mit alten Feinden aussöhnen, andere verstehen, nach Lösungen suchen. Frieden fällt nicht von Himmel. Wir können um ihn bitten, und bei uns – da können wir wenigstens im Kleinen daran arbeiten, ihn zu bewahren. Eben weil er so kostbar ist.
Das hat mir der junge Mann aus Ägypten wieder klar gemacht mit seinen strahlenden Augen und seiner Dankbarkeit. Jesus hat gesagt: Selig sind die Friedfertigen! Wenn das keine Ermutigung ist, am Frieden weiterzubauen, jeden Morgen neu!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17486
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